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Etwas anderes

Fraktale

Hallo Kinder,

diesmal möchte ich das aktuelle Thema "Fragmente" zum Anlass nehmen, zu zeigen, dass Mathematiker immer auf der Suche nach der Weltformel sind, nach der Formel, die alles beschreibt.

Mathematik ist ja normalerweise nicht besonders bildlich. Und Mathematiker sind eigentlich dafür bekannt, dass sie hinter ihren Zahlenkolonnen sitzen und höchstens dann mal kurz kichern, wenn sie wieder eine neue Primzahl mit 10 Millionen Ziffern gefunden haben.

Umso überraschender war es deshalb wohl für den Mathematiker Benoît Mandelbrot, als er vor ungefähr 30 Jahren eine Formel entdeckte, die ihm wundersame Bilder auf den (damals noch schwarz-weißen) Computer-Bildschirm zauberte. Diese Formel malte ihm ein liegendes Apfelmännchen mit seltsamen Ausbuchtungen an allen Rändern.

Das Besondere an den Ausbuchtungen des Apfelmännchens ist, dass man beliebig genau hinschauen bzw. heranzoomen kann, der Rand jedoch nie glatt wird, sondern sich in immer weiteren Ausbuchtungen verliert. Schlimmer noch: die geometrischen Formen des Rands wiederholen sich ständig und scheinen selbst nur aus kleinen Kopien ihrer selbst zu bestehen, wie der Spiegel im Spiegel im Spiegel usw. Diesen Rand kann man beliebig oft in Stücke zerbrechen und man erhält immer wieder Formen, die gleich viel Information enthalten, wie das Original.

Das hat Herrn Mandelbrot mächtig beeindruckt. Er nannte diese mathematischen Gebilde "Fraktale", also Bruchstück-Gebilde, und das Apfelmännchen nannte er nach sich selbst "Mandelbrot-Menge". Von nun an hat er sich nur noch mit seinen Fraktalen beschäftigt.

Ich habe euch einen Ausflug in die Mandelbrot-Menge aufgenommen. Wir reisen in das "Tal der Seepferdchen". Schaut genau hin und ihr werdet jede Menge Seepferdchen treffen.

 
 

Solche Fraktale gibt es übrigens nicht nur auf dem Computer-Bildschirm, sondern auch in der Natur zu entdecken: Schaut man sich ein Farn-Blatt genauer an, stellt man fest, dass auch hier die gleichen Formen immer wieder verkleinert auftauchen.

Ähnlich ist es auch bei Küstenlinien. Die Küste Norwegens beispielsweise gibt den Kartenzeichnern dadurch unlösbare Probleme auf, da sie im Prinzip unendlich lang ist. Will man alle Zipfelchen und Einbuchtungen genau zeichnen, wird man niemals damit fertig. Und schaut man sich eine der Einbuchtungen genauer an, so entdeckt man immer wieder die gleichen Formen.

Bei solchen Erkenntnissen neigen die Mathematiker dazu zu verallgemeinern: In jedem Mandelbrot-Krümel kann man die ganze Mandelbrot-Menge erkennen. In jedem Atom kann man das ganze Sonnensystem erkennen. In jedem noch so kleinen Fragment kann man die ganze Welt erkennen. Und so hoffen die Mathematiker immer wieder, eine Formel zu entdecken, mit der man die Welt beschreiben kann. Und wenn sie diese Weltformel gefunden haben, dann kichern sie den ganzen Tag.

Es grüßt euch vom Nabel der Welt

Juan aus Brasilien

Vielen Dank an Jan Hubicka, Thomas March und andere für den prima Fraktale-Generator.

 © Rossipotti No. 15, Mai 2007