Freund oder Feind

Alexandra Sinelnikova (11 Jahre)

Lina ging die Straße entlang. Ihre winzigen Pfötchen hinterließen Abdrücke im Schnee und die hundert Meter bis zum Straßenende kamen ihr vor wie endlose Kilometer. Ihre kleine Nase schnüffelte sich den Weg durch den Schnee, denn ihre hellblauen Augen waren nur halb offen. Die kleine Maus war erst vor einer Woche geboren worden.
Plötzlich drang ein merkwürdiger Geruch in ihre Nase. Lina blieb stehen und schnüffelte noch aufgeregter. Der Geruch kam vom anderen Ende der Gasse. Langsam, ganz langsam lief Lina weiter. Unbekannte Gerüche muss man sofort auskundschaften, das war so ein Gesetz bei den Mäusen. Das war aber auch Linas Instinkt, denn Lina hatte ihre Mutter verloren, bevor diese Zeit hatte, ihr irgendetwas zu sagen. Jetzt war sich Lina sicher, dem fremden Etwas ganz nah zu sein! Sie öffnete die Augen so gut es ging und erschrak: Vor ihr stand etwas Großes, Schwarzes- ein riesiger schwarzer Kater, der sie mit seinen Bernsteinaugen anfunkelte!
Wie vom Blitz getroffen rannte Lina weg, sprang über Steine und lief und lief. Sie hörte, wie der Kater ihr hinterher rannte und auf einmal merkte sie, dass vor ihr eine Mauer war. Links Mauer, rechts Mauer und hinten Kater! Sie war in der Sackgasse. "Oh, bitte friss mich nicht!", rief Lina mit angsterfüllter Stimme. "Fressen? Wer hat etwas von Fressen gesagt? Ich bin Vegetarier! Ich will spielen!", antwortete der Kater. "Wirklich? Ich will auch spielen!", sagte Lina. So wurde aus Angst Freude und aus einem vermeintlichen Feind der beste Freund.

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