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Abenteuer mit der Flupppuppe

Vorwärts

Herzblut

Betrüger-Schorschi klammerte sich an den Beinen der Flupppuppe fest und zitterte. Unter ihm hörte er die wilden, verzweifelten Schreie der Bewohner.

Was war nur in sie gefahren?

Und was war das für eine komische Metapher mit dem blutenden Berg gewesen? Sie dachten doch wohl nicht wirklich, dass der Berg blutete? Sicher, aus der Mitte des Berges quoll ein roter Strom und floss ins Tal hinunter. Aber das konnte doch nicht wirklich Blut sein?

„Das Blut ist keine Metapher“, sagte die Flupppuppe.

Betrüger-Schorschi schwieg. Was sollte er auch zu einer solch ungeheuerlichen Behauptung sagen?

Inzwischen waren einige Bewohner des Blauen Gebirges den Berg ein Stück weit nach oben geklettert und versuchten verzweifelt, den Strom mit ihren bloßen Händen aufzuhalten.

Die Flupppuppe flog auf die Höhe, aus der die Flüssigkeit aus dem Berg austrat, und schien die Größe des Loches ermessen zu wollen. Betrüger-Schorschi nahm einen leicht süßlichen Geruch wahr, der tatsächlich an Blut erinnerte.

Die Flupppuppe flog nun weiter den Berg nach oben bis zu dessen Spitze, und Betrüger-Schorschi konnte sehen, dass der Kesselberg innen hohl war.

Die Flupppuppe umrundete die Krateröffnung und flog dann nach unten in das Dunkel des Berges.

Betrüger-Schorschi fröstelte. Er war müde und hungrig. Aber jetzt war der falsche Zeitpunkt für eine Ruhepause. Wenn er seinen Ruhm als Vertreiber des Babys nicht komplett verspielen wollte, musste er sich mit der Flupppuppe um die Stillung des Blutstroms kümmern.

Von oben drang jetzt nur noch wenig Licht durch den Krater, dafür erhellte ein warmes Rot, das aus der Tiefe des Bergs kam, die Dunkelheit. Je tiefer sie flogen, umso leuchtender wurde das Rot. Außerdem nahm Betrüger-Schorschi ein dunkles Pochen wahr. Bumm,Bumm, Bumm, Bumm.

Der Rhythmus des Pochens übertrug sich auf Betrüger-Schorschis Körper. Bumm, Bumm, Bumm, Bumm, hörte er sein Herz schlagen.

Ein Herz! durchzuckte ihn plötzlich ein Gedanke. Das Pochen und das rote Licht rührten von einem riesigen Herzen her! Dort in der Tiefe musste es schlagen!

Aber nein, welch absurder Gedanke! Wem sollte ein solch großes Herz auch gehören?

Bumm, Bumm, Bumm, Bumm hämmerte der Rhythmus weiter und Bumm, Bumm, Bumm schlug Betrüger-Schorschis Herz.

Die Flupppuppe bremste ab und flog auf eine matt schimmernde, unheimlich fleischig wirkende Stelle zu.

Betrüger-Schorschi schluckte, und keine Flugdrehung später stockte ihm der Atem: Keine drei Meter unter ihm lag, in einem riesigen, steinernen Kessel, ein nacktes Herz!

Walfischgroß zuckte und pochte es in seinem eigenen Blut und pumpte im Sekundentakt seinen dunklen Lebenssaft in den Kessel!

Betrüger-Schorschi schwindelte. Wie konnte dieser Herz-Blut-Kreislauf ohne einen dazu gehörigen Körper funktionieren? Irgendwo musste das Blut doch herkommen, und irgendwo musste es auch wieder in das Herz zurück gepumpt werden können? Und warum war dieser wundersame Kreislauf nun auf einmal ins Stocken geraten?

Betrüger-Schorschi zwang sich, das Herz genauer zu betrachten. Mit den Augen suchte er das Herz ab und entdeckte in der rechten Herzkammer tatsächlich eine Wunde. Sie war nicht allzu groß, aber bekanntlich waren Herzen sehr empfindlich. Wenn die Stelle nicht bald operiert werden würde, würde das Herz nicht mehr allzu lange schlagen.

„Flupppuppe!“, sagte plötzlich eine Stimme nahe des Herzens. „Du kommst spät! Wie du siehst, löffelt sich die Suppe gerade selber aus.“

Betrüger-Schorschi drehte den Kopf in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war, und entdeckte auf der gegenüber liegenden Seite des Herzens einen alten Mann mit einem langen, weißen Bart und einem weißen Umhang.

Mit einer Schöpfkelle versuchte er das Blut wieder in den Kessel zurück zu schaufeln. Unnötigerweise wunderte sich Betrüger-Schorschi, wie es dem Mann bei dieser Arbeit gelang, sein weißes Gewand sauber zu halten. Der Mann holte aus seinem Brustbeutel irgendwelche Krümel und warf sie auf die Wunde. Gleichzeitig murmelte er dazu einige beruhigende Worte.

Täuschte sich Betrüger-Schorschi oder war sein Eindruck, dass das Blut jetzt langsamer floss, richtig?

Fasziniert schaute er auf das zuckende Herz im Kessel und den brodelnden Strom, der aus der Wunde über den Kessel floss und irgendwo durch den Berg sickerte.

„Wer sich die Suppe einbrockt, muss sie auch auslöffeln“, sagte die Flupppuppe und zeigte auf Betrüger-Schorschi.

„Wer ist das?“, fragte der alte Mann.

„Betrüger-Schorschi“, sagte die Flupppuppe knapp. „Wie lange wird es dauern?“

„Wenn wir Glück haben drei Tage“, sagte der alte Mann. „Wenn wir Pech haben nur ein paar Stunden.“

„Ich lasse ihn dir hier“, sagte die Flupppuppe. „Er wird dir helfen.“

Sie drehte ihren Rücken zur Seite, und Betrüger-Schorschi fiel unvorbereitet auf den harten Felsboden. Bevor er sich wieder berappeln und auf die Flupppuppe zurück springen konnte, war sie ein paar Meter höher geflogen.

Die Flupppuppe rief den beiden „Lebewohl“ zu und verlor sich schnell in der Dunkelheit des Kraters.

Du also hast die Herzblutkammer zerstört“, stellte der alte Mann fest.

„Ich?!“, sagte Betrüger-Schorschi ehrlich verwundert. „Sicher nicht. Ich bin der Retter des Blauen Gebirges und kein Zerstörer von Herzblutkammern. Wenn Sie fernsehen würden, wüssten Sie, dass ich es war, der das Baby vertrieben hat!“

„Und wenn du sehen würdest, wüsstest du, dass es hier unten keinen Fernseher gibt“, sagte der Mann. „Ich bin ein Druide und kümmere mich um die natürlichen Dinge.“

„Fernsehen ist natürlich“, sagte Betrüger-Schorschi. „Ein Jammer, dass die Flupppuppe keine Zeit mehr hatte, Sie über mich aufzuklären.“

„Du bist Betrüger-Schorschi“, sagte der Druide, „und du hast das Baby von seinem angestammten Platz vertrieben. Mehr brauche ich nicht über dich zu wissen.“

„Ich bin Arzt“, sagte Betrüger-Schorschi selbstgefällig. „Wenn Sie mir die nötigen Instrumente geben, werde ich die Wunde in einer Stunde zunähen!“

„Hier hilft kein Nähzeug“, sagte der Druide matt. „Kein Faden dieser Welt wird diese Wunde schließen können. Wir brauchen jemanden, der das Geschehene ungeschehen macht! Einen Schöpfer, der uns so macht, wie wir vor dem PLOPP gewesen sind.“

„Denken Sie dabei etwa an Gott?“, sagte Betrüger-Schorschi und lächelte überlegen. „Soviel ich weiß, ist er bereits vor vielen Jahren gestorben. Aber im Unterschied zu Gott gibt es mich wirklich. Und ich bin nicht nur ein guter Arzt, sondern auch ein ausgezeichneter Koch! Aus dem vielen Blut könnte ich Ihnen wenigstens eine kräftigende Zapfenstreichsuppe kochen.“

„Du Idiot!“, schrie der Druide. „Hast du nicht den lauten PLOPP gehört?“

Doch, doch, das hatte Betrüger-Schorschi. Er erinnerte sich daran, dass es PLOPP gemacht hatte, als das Baby vom Berg aufgestanden war. Aber was konnte so ein PLOPP schon schaden?’

„Weißt du überhaupt, was ein PLOPP in diesem Berg bedeutet?“, fragte der Druide.

Betrüger-Schorschi schüttelte den Kopf.

„Du Banause!“, rief der Druide. „Ach, was sage ich! Ihr seid doch alle Banausen! Geschichtslose Würstchen seid ihr! Wie kann es sein, dass ihr Bewohner nicht mehr wisst, was es bedeutet, wenn es PLOPP macht!?“

Betrüger-Schorschi schwieg, und der Druide fuhr fort: „Das letzte Mal als es PLOPP gemacht hat, seid ihr alle binnen weniger Stunden erfroren! Wenn wir Druiden nicht gewesen wären und das Blut des Kesselbergs nicht wieder hochgekocht hätten, würdet ihr immer noch als Eiszapfen in euren Geschichten herum liegen.“

‚Was redet der Druide denn da für wirres Zeugs?’, dachte Betrüger-Schorschi. ‚Ist er womöglich übergeschnappt?’

Sicherheitshalber schaute er sich nach einem versteckten Winkel um. Warum hatte die Flupppuppe ihn mit einem Verrückten alleine gelassen?

„Aber vielleicht wäre das auch besser!“, schimpfte der Druide weiter. „Ihr habt ja ohnehin alle nur Flausen im Kopf! Die wenigsten von euch haben wirklich Vernunft im Leib!“

„Aber nun sind Sie ja da und können das Blut wieder kochen“, versuchte Betrüger-Schorschi den Druiden zu beruhigen. „Dann brauchen die Bewohner doch vor einer neuen Eiszeit keine Angst zu haben.“

„Wo kommst du eigentlich her?“, schrie der Druide. „Aus Entenhausen? Siehst du nicht, dass das Herz eine irreparable Wunde hat und bereits das Blut aus seinem Kessel läuft? Und hast du vorhin nicht gesehen, dass es schon den Berg hinab rinnt? Dann müsstest du doch auch wissen, dass alle Bewohner des Blauen Gebirges bald nicht mehr sein werden als ein Stück bunt bemaltes Papier!“

„Er ist von drüben!“, sagte eine Stimme aus der Dunkelheit. „Er hat keine Ahnung, was er bei uns angerichtet hat.“

Der Druide drehte sich um.

„Emily“, stellte er verwundert fest. „Was machst du denn hier?“

„Ich bin lieber hier als dort, wenn mir das Blut aus den Adern läuft“, sagte sie. „Vielleicht kann ich dir helfen.“

Emily steckte einen Finger in den Topf und leckte das Blut ab.

„Du und helfen?“, fragte der Druide.

„Auch ich werde zu nichts anderem als zu Papier, wenn es uns nicht gelingt, den Strom zu stoppen“, sagte Emily. „Zwar nicht eklig bunt bemalt wie die meisten hier, sondern nur schwarz und weiß. Aber im Endeffekt auch nichts anderes als Papier!“

„Es gibt nichts zu tun“, sagte der Druide. „In wenigen Stunden werden wir uns nur noch langsam bewegen können. Und in spätestens drei Tagen sind wir alle tot!“

„Hast du den Blauen Diamanten vergessen?“, fragte Emily. „Wir brauchen nicht unbedingt einen Schöpfer, der uns wieder belebt! Der Blaue Diamant hat auch die Kraft dazu. So steht es geschrieben!“

„Stimmt“, sagte der Druide langsam. „So steht es geschrieben. Aber der Blaue Diamant ist genauso unerreichbar wie ein Schöpfer. Denn selbst wenn es jemand bis zur Geizigen Geisel schaffen würde, um den Blauen Diamanten zu holen, würde derjenige niemals mehr die Kraft haben, ihn der Geizigen Geisel zu entlocken und rechtzeitig zurück zu bringen.“

„Schicke Betrüger-Schorschi“, schlug Emily vor. „Er ist von drüben!“

„Von welchem Drüben?“, sagte der Druide resigniert. „Von drüben hinter dem Eismeer, von drüben hinter dem Wandelnden Schloss, von drüben jenseits der Wüste oder ...“

„Von drüben Drüben“, sagte Emily. „Er kommt von der anderen Seite des Blauen Gebirges!“

„Oh!“, horchte der Druide auf. „Hatte der Torwart nicht die Auflage, niemanden mehr herein zu lassen?“

„Die Flupppuppe hat ihn mitgebracht!“

„Bist du einmal in Not / ich bring es dir ins Lot“, sagte der Druide bitter. „Ich verstehe! Wenn sie ihn nicht mitgebracht hätte, säße unser Baby noch am Platz und alles wäre gut!“

„Nichts wäre gut“, verteidigte sich Betrüger-Schorschi. „Das Baby hätte euch alle Lebensmittel weggegessen!“

„Besser hungern als sterben!“, sagte Emily und kickte mit ihrem Fuß einen Stein weg. „Du musst sofort zur Geizigen Geisel gehen und den Blauen Diamanten holen. Und wenn du es nicht tust, werde ich dich auf meinen Operationstisch schnallen und dir das Herz eines Molchs einpflanzen!“

„Ich denke, euch geht in wenigen Stunden der Saft aus?“

„Ach, ein wenig hast du also doch verstanden?“, zischte Emily. „Genau so ist es! Nur der Blaue Diamant kann uns noch retten. Er hat magische Kräfte und kann die Wunde heilen! Natürlich könnten wir hoffen, dass ihn uns die Geizige Geisel selber bringt. Aber leider stirbt die Geizige Geisel lieber, als uns den Diamanten auszuleihen.“

„Was ist mit der Flupppuppe?“, fragte Betrüger-Schorschi besorgt. „Wird sie auch wieder zu Papier?“

„Das wissen wir nicht“, sagte der Druide. „Aber wahrscheinlich wird ihr nichts geschehen. Sie kann sich in eurer Welt genauso aufhalten wie in unserer.“

Das stimmte nicht ganz, dachte Betrüger-Schorschi. In seiner Welt bestand die Flupppuppe aus nichts weiter als zwei langen, fliegenden Plastikbeinen mit einer Klappe und einem Gasventil darunter. Er hielt es allerdings für besser, die anderen nicht darüber aufzuklären. Vielleicht hatten sie ja eine leise Hoffnung, dass auch die Flupppuppe sie retten konnte.

„Gut, ich helfe euch“, sagte er und dachte dabei weniger an den Hippokratischen Eid, den er als Arzt geleistet hatte, als daran, dass er den Bewohnern des Blauen Gebirges zeigen wollte, dass er sehr wohl ihr Retter war. „Wie komme ich zur Geizigen Geisel?“

„Es ist ganz einfach“, sagte Emily schnell. „Du musst nur den Krater hinauf klettern und den Berg auf der nordwestlichen Seite wieder hinunter. Wenn du auf dem Berg bist, kannst du bereits die Wüste sehen, die am Horizont beginnt. Ein paar Kilometer innerhalb der Wüste hat die Geizige Geisel ihr Domizil in dem Blauen Diamanten aufgeschlagen. Bei gutem Wetter kannst du ihn sogar leuchten sehen.“

„Die Geizige Geisel wohnt in dem Diamanten?“, fragte Betrüger-Schorschi mehr sich selbst als die anderen. Wie groß musste ein Diamant sein, damit ein Mensch darin genug Platz zum Wohnen hatte? Und wie konnte er einen so großen Diamanten allein zum Kesselberg schleppen?

„Es bringt nichts, wenn du ihm verschweigst, dass er bei den Üpsiolanern vorbei muss“, sagte der Druide. „Wenn wir ihm keine Tipps geben, fällt er schon ins erste Loch und verschwindet darin!“

„Die Üpsiolaner?“, fragte Betrüger-Schorschi beunruhigt. Der Name hörte sich in seinen Ohren futuristisch und deshalb auch ziemlich bedrohlich an.

„Die Üpsiolaner sind eigentlich harmlos“, sagte der Druide. „Sie haben in der Regel kein Interesse an uns und wir im Normalfall auch keines an ihnen. Keiner von uns weiß, wie sie ins Blaue Gebirge gelangt sind oder ob sie schon immer da waren. Probleme mit ihnen gibt’s nur, wenn wir in die Wüste gehen wollen ...“

„Zum Beispiel zur Geizigen Geisel ...“, sagte Emily.

„Was für Probleme?“, fragte Betrüger-Schorschi nervös.

„Die Üpsiolaner leben in mehr Dimensionen als wir“, antwortete Emily. „Sie können in die Zukunft sehen.“

„Sie werden dir weismachen, dass es nicht wichtig ist, uns den Blauen Diamanten zu bringen, weil wir in einer fernen Zukunft auch ohne Blauen Diamanten leben werden“, führte der Druide aus. „Oder sie weissagen dir, dass du nur ohne den Blauen Diamanten reich und berühmt werden wirst.“

„Und worin besteht dann die Gefahr?“, fragte Betrüger-Schorschi.

Emily warf ihm einen vernichtenden Blick zu.

„Die Gefahr besteht darin, dass sie weitaus mehr wissen als wir und uns dadurch manipulieren können“, sagte der Druide ruhig. „Woher sollen wir wissen, dass es stimmt, was sie von der Zukunft sagen? Und selbst wenn es stimmt wir leben mit der Vergangenheit und der Gegenwart und damit müssen wir auskommen. Wir ziehen unsere ganze Kraft und Hoffnung aus dem, was kommen mag. Das sichere Wissen von der Zukunft würde uns vollkommen lahm legen. Wenn du dich von den Üpsiolanern einwickeln lässt, wirst du keinen Schritt mehr für uns machen, und wir alle werden einen langsamen, qualvollen Tod sterben!“

„Haben Sie ein Butterbrot für mich?“, fragte Betrüger-Schorschi unvermittelt.

„Wie bitte?!“, sagte der Druide.

„Ich sterbe gleich vor Hunger!“, sagte Betrüger-Schorschi.

„Oh“, sagte der Druide und zog einen Lederbeutel unter seinem Umhang hervor. „Hier, bediene dich!“

Betrüger-Schorschi griff in den Beutel und entdeckte einen Apfel, mehrere Fladenbrote und eine große gebratene Wildschwein-Keule. Außerdem sah er eine runde, hölzerne Flasche.

Er trank mehrere Schluck, nahm sich dann ein Fladenbrot und riss sich ein Stück von der Wildschwein-Keule ab.

Oh, das war gut!

In diesem Land war er außer der Suppe vom Torwart mit Speisen bisher nicht verwöhnt worden. Die Keule war gut gewürzt und erinnerte ihn an einen Kochwettbewerb, den er mit einem alten Bekannten vor langer Zeit ausgetragen hatte. Natürlich hatte er die bessere Keule gebraten. War kein Kunststück gewesen.

„Beeile dich“, riss ihn Emily aus seinen Erinnerungen. „Während du dich hier fett frisst, läuft uns das Blut aus dem Leib!“

„Du kannst den Beutel auf deine Reise mitnehmen“, sagte der Druide. „Wenn du mir die Flasche hier lässt.“

„Ist wohl ein Zaubertrank drin, was?“, fragte Betrüger-Schorschi.

„Genau“, sagte der Druide. „Ich werde ihn die nächsten Tage brauchen.“

Betrüger-Schorschi schluckte seinen letzten Bissen hinunter, stand auf und klopfte sich die Hose ab.

„Sie können sich auf mich verlassen“, sagte Betrüger-Schorschi. „Wäre doch gelacht, wenn ich der Geizigen Geisel den Blauen Diamanten nicht entlocken könnte!“

„Dort ist der Aufstieg“, sagte Emily und zeigte auf eine in Stein gehauene Treppe.

Betrüger-Schorschi warf sich den Beutel um die Schulter und kletterte die ersten Stufen hoch.

„Bis dann“, sagte er.

„Du hast drei Tage Zeit“, erinnerte ihn der Druide. „Höchstens!“

 

„Was tust du da?“, fragte der Druide, als Emily an den Kessel trat und ihre Flasche mit der seltsamen Soße mit frischem Blut füllte.

„Du glaubst doch nicht, dass ich diesen Betrüger die Reise alleine machen lasse?“, Emily schüttelte ihre Flasche.

„Warum bist du dann nicht gleich mitgegangen?“

„Weil ich ihm die Chance geben will, uns wirklich zu helfen und nicht nur, weil ich ihn dazu zwinge.“

„Du meinst wohl eher, dass du ihm die Chance geben willst, uns auszutricksen? Oder anders ausgedrückt: Du willst verhindern, dass er danach ungerechterweise als Held in die Chroniken des Blauen Gebirges eingeht?!“

Emily grinste.

„Mit dem Blut werde ich eine Weile hinkommen“, sagte sie. „Und du wirst hier an der Quelle wohl auch kein Problem haben, die anderen zu überleben.“

„Ich bin hier, weil ich versuche, das Blut zu stillen“, sagte der Druide trocken. „Aber leider gelingt es mir nur, den Strom zu verlangsamen.“

„Sicher“, sagte Emily.

Sie nahm einen Schluck aus der Quelle und verabschiedete sich vom Druide.

„Pass auf dich auf“, sagte der Druide.

„Pass du auf uns auf“, sagte Emily.

Sie steckte die Flasche in ihren Umhängebeutel und sprang dann wie ein kleines Mädchen die Treppen hoch.

Klick, klack, klick, klack, klick, klack.

Als sie oben aus dem Krater schaute, konnte sie Betrüger-Schorschi kaum noch erkennen. Als kleiner ferner Punkt wanderte er den Pfad abwärts, verschwand immer wieder hinter einem Busch oder einem Geröllbrocken und tauchte dann noch entfernter wieder auf.

‚Er schlägt tatsächlich den Weg zur Wüste ein’, dachte Emily.

Sie nahm einen ganz kleinen Schluck von ihrer seltsamen Soße und lief schnell den Berg hinunter.