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            Das geheime Buch
            Herrn Maiteufels wundersame 
              Reise in die Wirklichkeit
             von 
            Annette Kautt 
            Fortsetzung Teil 3 
            Wer den letzten Teil noch nicht kennt und mehr als 
              die kurze Zusammenfassung darüber lesen möchte, geht zurück 
              zur letzten Rossipotti-Ausgabe 
               . 
            Was bisher geschah: 
            Herr Maiteufel arbeitet in einer 
              Butterbrotpapierfabrik und lauscht jeden Tag dem verheißungsvollen 
              Gesang der Butterbrotpapiere, die sich auf ihr großes Leben 
              in der Welt vorbereiten. Doch je länger er dem Gesang der Papiere 
              lauscht, umso mehr sehnt er sich danach, selbst ein Butterbrotpapier 
              zu werden. Da er ein Mensch mit Visionen ist, setzt er eines Tages 
              seinen Wunsch in die Tat um: Er baut anhand des originalen Konstruktionsplans 
              seiner Firma eine Butterbrotpapiermaschine, in die er selbst hineinpassen 
              und zum Butterbrotpapier werden kann! Doch aus irgendeinem Grund 
              funktioniert die Maschine nicht. Irgendein Detail muss Herrn Maiteufel 
              beim Bau der Maschine entgangen sein ... 
              Eines Tages bekommt Herr Maiteufel ein Paket. Herr Maiteufel ist 
              fest davon überzeugt, dass ihm der Finder seiner Gasluftballonkarte, 
              die er beim letzten Betriebsfest verschickt hat, das Paket geschickt 
              hat. Doch leider ist es nicht von einem unbekannten Finder, sondern 
              nur von seiner ehemligen Klassenkameradin Mara. Zuerst ist Herr 
              Maiteufel enttäuscht darüber. Auch nicht zuletzt deshalb, 
              weil in dem Paket nichts weiter als ein paar alte Fotografien und 
              ein alter Stadtplan seiner Heimatstadt sind. Doch dann entdeckt 
              Herr Maiteufel, dass die Streckenverhältnisse des Stadtplans 
              und seines Konstruktionsplans genau gleich sind! Und das kann 
              für Herrn Maiteufel nur eins bedeuten: Wenn sich das fehlende 
              Detail seiner Maschine nicht auf dem Konstruktionsplan entdecken 
              lässt, muss es in seiner Heimatstadt zu finden sein! Kurz entschlossen 
              packt er deshalb seine Siebensachen und reist mit dem Zug dorthin. 
               
              Doch kaum hat er seine Reise begonnen, weiß er nicht mehr, 
              ob er nicht lieber zu Hause geblieben wäre. Im Zug bringt ihn 
              sein Gegenüber stark in Verlegenheit, im Hotel seiner Heimatstadt 
              verwirrt ihn eine "Brötchenfrau", und auch der eigentlich 
              ganz harmlose Kaffeklatsch-Besuch bei seiner alten Bekannten Mara 
              ruft bei ihm vor allem Beklemmung hervor: Warum ist die ganze Kaffegesellschaft 
              so beunruhigt, als Mara Tränen über die Wange rollen? 
              Warum geht in der Stadt nichts mehr weiter, wenn Mara keine Lust 
              mehr dazu hat? Und vor allem: Was hat der Finder seiner Luftballonkarte 
              mit Mara und ihren Gästen zu tun?  
              Da Mara und ihre Gäste nicht bereit sind, 
              Herrn Maiteufel darüber aufzuklären, zieht er es vor, 
              die Kaffeegesellschaft zu verlassen ... 
            Fünftes Kapitel, das Herrn Maiteufel über 
              das Problem der Stadt aufklärt
            Herr Maiteufel hatte es vorgezogen, das Haus still zu verlassen. 
              Es war schon nach 18 Uhr, als er vor die Türe trat. Trotzdem 
              wollte er noch beim Finder vorbeischauen. Es konnte schließlich 
              kein Zufall sein, dass der Finder hier in der Stadt wohnte, oder 
              etwa doch? Auf jeden Fall wollte er sich die Gelegenheit nicht entgehen 
              lassen, ihn zu besuchen.  
              "Ich werde ihn fragen, warum er mir nicht geschrieben hat", 
              dachte Herr Maiteufel. "Wenigstens ein paar Zeilen hätte 
              er mir schreiben können. Oder war die Adresse auf meiner Karte 
              nicht mehr leserlich gewesen? Aber dann hätte er mich suchen 
              können. Alle anderen sucht er offensichtlich auch! Mara und 
              ihre Bekannten sind zwar davon überzeugt, dass der Finder sich 
              ausschließlich um sie kümmern solle. Aber der 
              Finder ist doch nicht ihr Eigentum! Was hatte der ganze Zauber bei 
              der Kaffegesellschaft überhaupt zu bedeuten? Aus dem, was Arturo 
              zuletzt gesagt hat, bin ich nicht schlau geworden. So viel, dass 
              hier jemand verschwunden ist und der Finder ihn suchen muss, ist 
              auf jeden Fall klar. Aber warum muss sich darum die ganze Stadt 
              kümmern - oder zumindest alle Bekannten Maras?"  
              Herr Maiteufel schritt mit großen Schritten aus. Er überquerte 
              einen kleinen Platz, stolperte über einen Poller, rempelte 
              aus Versehen eine Frau an und bog dann mit errötetem Gesicht 
              in eine schmale Straße ein.  
              "Vielleicht ist aus der Stadt eine wichtige Persönlichkeit 
              entführt worden?" überlegte Herr Maiteufel weiter. 
               
              Neben ihm knallte es, und Herr Maiteufel zuckte zusammen. Ängstlich 
              drehte er sich um, entdeckte aber nur einen Mann, der seine Fensterläden 
              schloss.  
              "Hm, schon möglich, dass hier jemand entführt wurde", 
              dachte Herr Maiteufel. "Allerdings verstehe ich trotzdem nicht, 
              warum allein das Wort 'Luft' die Gesellschaft so durcheinander gebracht 
              hat? Und was hat überhaupt meine Luftballonkarte mit der ganzen 
              Aufregung zu tun? Hoffentlich kann mir der Finder meine Fragen beantworten." 
            Unter all den Gedanken war Herr Maiteufel bis an den nordwestlichen 
              Stadtrand gelangt. Außer ein paar riesigen Gebäuden, 
              waren die Häuser hier nur noch einstöckig. Schmal und 
              grau mit einem einsamen Schornstein auf dem Dach, erinnerten sie 
              mehr an verlassene Gartenlauben als an richtige Häuser. 
              Herr Maiteufel war erstaunt, dass er so weit gelaufen war, ohne 
              es recht bemerkt zu haben. Erst jetzt wurde ihm klar, dass er gar 
              nicht wusste, wo der Finder wohnte.  
              "Macht nichts", dachte er. "Der Finder scheint eine 
              stadtbekannte Persönlichkeit zu sein. Da ist es sicher leicht, 
              seine Adresse herauszubekommen." 
              Tatsächlich kannte ihn bereits der erste, den Herr Maiteufel 
              ansprach. Allerdings konnte derjenige ihm nicht sagen, wo er wohnte. 
              Doch schon die zweite Passantin wusste seine genaue Anschrift und 
              ließ Herrn Maiteufel sogar noch einen schönen Gruß 
              ausrichten! 
              Der Finder wohnte also in der Mausefalle 10.  
              Die Mausefalle kannte Herr Maiteufel gut. Es war eine lauschige, 
              verkehrsberuhigte Gasse, in der man vom ganzen Trubel der Stadt 
              nichts mitbekam. Zwar war die Mausefalle am anderen Ende der Stadt, 
              nämlich oberhalb des Friedhofs. Doch da Herr Maiteufel ohnehin 
              wieder in den Ostteil der Stadt musste, wenn er ins Hotel wollte, 
              schien ihm der Umweg über die Mausefalle nicht sehr groß 
              zu sein. 
            Es war schon halb zehn Uhr, als Herr Maiteufel an der Haustür 
              des Finders klingelte.  
              Es dauerte eine Weile, bis die Tür einen schmalen Spalt breit 
              geöffnet wurde. Eine lange, braune Nase schob sich ihm entgegen. 
               
              "Wer da?" fragte die Nase ängstlich. 
              "Ich bin es, Herr Maiteufel" 
              "Wer?" 
              "Herr Maiteufel", wiederholte er höflich. 
              "Tut mir leid, kenne ich nicht", sprach die Nase und verschwand 
              wieder hinter Tür. 
              Bevor sich die Tür jedoch ganz schloss, rief Herr Maiteufel 
              schnell: "Schöne Grüße von Greta!" 
              Die Tür ging wieder einen Spalt auf, und Herr Maiteufel fragte 
              beherzt: "Haben Sie nicht einen Ballon von mir gefunden? Oder 
              vielleicht eine Karte? Ich komme aus Oberfischen!" 
              "Ach so", schniefte die Nase erleichtert. "Deswegen 
              sind Sie hier. Wollen Sie vielleicht hereinkommen?" 
              Die Türe öffnete sich jetzt ganz, und Herr Maiteufel sah, 
              dass zu der Nase eine zierliche Nickelbrille und zu der Nickelbrille 
              ein schlankes, junges Gesicht mit wettergegerbter Haut gehörte. 
              Der Finder gab Herrn Maiteufel die Hand und machte die Tür 
              hinter ihm zu. 
              Im Inneren des kleinen Hauses roch es nach Sandelholz und trockenem 
              Gras. Der Finder führte Herrn Maiteufel eine knarzende, enge 
              Holztreppe hinauf, die zu einem Dachzimmer führte. Der abgeschrägte 
              Raum machte einen kargen, aber gemütliche Eindruck.  
              Der Finder stellte zwei Tassen auf den Tisch und schenkte beiden 
              heißen Tee ein. Herr Maiteufel freute sich über den Tee 
              und setzte sich, etwas erschöpft vom vielen Gehen, an den Tisch. 
              "Was kann ich für Sie tun?" fragte der Finder.  
              "Eigentlich wollte ich Sie nur mal kennenlernen und fragen, 
              warum Sie mir auf meine Postkarte nicht geantwortet haben", 
              erwiderte Herr Maiteufel. "Aber eigentlich interessiert mich 
              viel mehr, was ..." 
              "Oh, das tut mir leid, dass Sie auf eine Antwort gewartet haben", 
              unterbrach ihn der Finder. "Aber wissen Sie, ich finde so viel 
              und habe so wenig Zeit, dass ich nicht alles sofort ordnen kann. 
              Und denjenigen zu suchen, der den Gegenstand verloren hat, dazu 
              komme ich wirklich selten." 
              "Aha", sagte Herr Maiteufel und überlegte, was er 
              vorhin eigentlich hatte fragen wollen. Da es ihm nicht mehr einfiel, 
              nahm er den Faden des Gesprächs wieder auf: "Wenn ich 
              ehrlich sein soll, habe ich gedacht, dass Sie nur mein persönlicher 
              Finder sind. Eine Karte, ein Finder. So stellt man sich das vor. 
              Die Entdeckung, dass Sie sich nicht nur um mich kümmern, sondern 
              auch um alle anderen, die jemals etwas verloren haben, hätte 
              ich lieber nicht gemacht." 
              "Ich verstehe Sie gut", seufzte der Finder, "auch 
              ich bekomme meiner Meinung nach viel zu wenig Aufmerksamkeit. Denken 
              Sie sich nur: Ich finde zwar alles, aber fast niemand interessiert 
              sich für das Gefundene! Dabei finde ich immer wieder tolle 
              Sachen. Glaskugeln oder Gummireifen zum Beispiel. Einmal habe ich 
              sogar ein sehr weiches, gut erhaltenes Hirschfell gefunden! Am Hals 
              hing noch eine winzige, silberne Glocke, die einen wunderschönen 
              Klang hatte. Die Initialen J.B.S. waren darin eingraviert. Aber 
              denken Sie, dieser J.B.S. hätte sich jemals dafür bedankt, 
              dass ich ihm sein Hirschfell zurück schickte? Natürlich 
              nicht!  
              Allerdings finde ich nicht nur schöne Sachen. Manchmal werde 
              ich sogar ganz traurig darüber. Wenn ich zum Beispiel Abschiedsbriefe 
              von verlassenen Herzen finde, denke ich mir: Was hätte ich 
              verhindern können, wenn ich sie früher gefunden hätte? 
               
              Das meiste, das ich finde, ist übrigens Müll. Trotzdem 
              muss es natürlich sortiert und aufbewahrt werden, bis es für 
              irgend etwas verwendet werden kann oder sich der Besitzer meldet. 
               
              Was glauben Sie, warum ich hier oben im Dach wohne? Weil bereits 
              das ganze Haus mit gefundenen Dingen gefüllt ist!" 
              "Das ist aber schade", sagte Herr Maiteufel. Ihm gefiel 
              die Vorstellung nicht, nur einer von Tausenden oder gar Millionen 
              zu sein, deren Gegenstände vom Finder gefunden wurden. 
              "Umso mehr freue ich mich, dass Sie höchstpersönlich 
              gekommen sind, um ihre Antwort abzuholen! Warten Sie einen Moment, 
              ich hole den dafür nötigen Ordner. Wann, sagten Sie, haben 
              Sie den Ballon losgeschickt?" 
              "Hm. Das war ungefähr vor einem halben Jahr. So Anfang 
              Oktober, denke ich." 
              "Das reicht als Angabe", sagte der Finder und verschwand 
              nach unten in einen der vollgestopften Räume. 
              Nach kurzer Zeit kam er mit einem schweren Ordner wieder. Er legte 
              ihn auf den Tisch und studierte aufmerksam die verschiedenen Papiere. 
              Herr Maiteufel schaute zur Seite. Er wollte die Briefe und Karten 
              der anderen nicht ansehen. Wahrscheinlich glichen sie einander wie 
              ein Ei dem anderen. Wahrscheinlich hätte seine Karte genauso 
              gut von einem anderen geschrieben werden können.  
              "Ah! Da haben wir sie ja!" meinte der Finder und fischte 
              tatsächlich Herr Maiteufels Karte hervor. Unter Herrn Maiteufels 
              Text schrieb er Viele Grüße vom Finder. Dann schob 
              er Herrn Maiteufel die Karte zu. Doch der schüttelte den Kopf 
              und murmelte etwas Unverständliches vor sich hin.  
              "Jetzt nehmen Sie doch die Karte. Mir zuliebe. Ich weiß 
              gar nicht, warum Sie so beleidigt sind. Hätte ich Ihnen früher 
              geantwortet, hätten Sie mich nie kennengelernt. Das ist doch 
              auch etwas, oder?" 
              Herr Maiteufel lächelte und nahm die Karte. 
              "Na, sehen Sie. Mich freut es so, dass endlich einmal wieder 
              jemand meine Arbeit würdigt. Seit hier in der Stadt nichts 
              mehr läuft und ich den Läufer finden muss, werde ich nur 
              noch kritisiert. Dabei kann ich doch nichts dafür, dass der 
              Läufer erst gefunden werden muss, bevor man in der Stadt wieder 
              einen Zug machen kann."  
              Herr Maiteufel horchte auf. Richtig, das hatte er vorhin fragen 
              wollen: Was war in der Stadt los?  
              Gespannt rückte er sich auf seinem Stuhl zurecht.  
              "Nie bedankt man sich bei mir für mein ständiges 
              Suchen", seufzte der Finder weiter, "ganz im Gegenteil, 
              ich werde bedroht! Wie Sie vorher bemerkt haben, getraue ich mich 
              nicht einmal mehr, die Türe aufzumachen!"  
              "Aber was ist hier eigentlich los?" platzte Herr Maiteufel 
              heraus.  
              "Wie?" fragte der Finder erstaunt. "Das wissen Sie 
              nicht? Ich hätte nicht gedacht, dass man sich in unserer Stadt 
              aufhalten kann, ohne das zu wissen! Möchten Sie noch eine Tasse 
              Tee?"  
              Herr Maiteufel nickte ungeduldig, der Finder goss ihnen eine Tasse 
              Tee ein und fing dann an zu erzählen: "Es ist unmöglich, 
              Ihnen alle Einzelheiten unserer Stadtverordnung zu schildern. Wissen 
              Sie, unser ganzes Problem hängt nämlich mit unserer Stadtverordnung 
              zusammen. Doch da die einzelnen Punkte der Verordnung Sie nur langweilen 
              würden, fasse ich jetzt nur das Wesentliche zusammen. Also: 
              Vor knapp zwanzig Jahren ..." 
              "Aber das ist ja genau die Zeit, als meine Schwester und ich 
              die Stadt verlassen haben", rief Herr Maiteufel dazwischen. 
              "Sie haben auch einmal hier gewohnt?" fragte der Finder. 
              "Das ist ja interessant! Also, kurz nachdem Sie und ihre Schwester 
              von hier weggezogen waren, hat sich unsere Bevölkerung einstimmig 
              für eine ganz neue Stadtverordnung entschieden. Kerngedanke 
              dieser Verordnung war, dass jede Einwohnerin und jeder Einwohner 
              die Möglichkeit haben sollten, die Stadt einen Schritt vorwärts 
              zu bringen. Jeder sollte einmal die Chance zum Regieren haben. Dabei 
              wurde genau festgelegt, wer nach wem seinen Zug machen und welche 
              Grenzen jedem gesetzt sein sollten. Dieses System hat viele Jahre 
              wunderbar funktioniert, die Stadt florierte und entwickelte sich 
              auf allen Ebenen.  
              Doch dann geschah nichts mehr. Es brauchte eine ganze Zeit, bis 
              alle bemerkt hatten, dass die Stadt wie ein unbeweglicher Koloss 
              dalag und sich nichts mehr bewegte. Und als dann selbst der letzte 
              einsah, dass sich nichts mehr änderte, fragten sich alle, was 
              eigentlich passiert war?  
              Nach einiger Zeit habe ich dann herausgefunden, dass der Läufer 
              seine Position nicht mehr wahrnahm! Der Läufer, der für 
              das Wohl unserer Stadt zuständig war, war, aus welchen Gründen 
              auch immer, verschwunden!  
              Seit einigen Jahren suche ich nun den Läufer. Aber leider vergeblich." 
              Herr Maiteufel runzelte die Stirn. Die ganze Aufregung kam nur wegen 
              dieser neuen Stadtverordnung? Also nur, weil eine Art Bürgermeister, 
              den sie hier "Läufer" nannten, verschwunden war, 
              waren alle so besorgt? Herr Maiteufel verstand beim besten Willen 
              nicht, was daran so schlimm war.  
              "Wissen Sie, das Ganze ist ja an sich nicht so furchtbar", 
              schien der Finder seine Gedanken zu lesen. "Ich bin sogar davon 
              überzeugt, dass viele Leute hier gar nicht mehr bemerken, dass 
              sich alles wiederholt und beim Alten bleibt. Außerdem sind 
              viele Bewohner trickreich: Anstatt zum Beispiel ihren 17. Geburtstag 
              fünfmal zu feiern, zählen sie einfach weiter ..." 
              "Ja, heißt das denn, dass hier die Zeit stillsteht?" 
              rief Herr Maiteufel verwundert dazwischen. Die Angelegenheit fing 
              an, spannend zu werden. 
              "In gewisser Weise schon. Nicht wirklich. Aber eben so, dass 
              man immer auf der gleichen Stufe bleibt und sich nichts mehr entwickeln 
              kann." 
              "Das verstehe ich nicht", meinte Herr Maiteufel. "Warum 
              ändern Sie zum Beispiel nicht einfach die Stadtverordnung?" 
               
              "Weil einstimmige Abstimmungen nur einstimmig gelöst werden 
              können, uns eine Stimme aber verloren gegangen ist", lautete 
              die seltsam einfache Antwort des Finders. 
              Dann schwieg er, und auch Herr Maiteufel hing seinen Gedanken nach. 
              Obwohl ihm der Finder wahrscheinlich das Wesentlichste mitgeteilt 
              hatte, verstand er immer noch recht wenig. Warum machte Mara zum 
              Beispiel nicht einfach den nächsten Zug, wenn das anscheinend 
              möglich war? 
              Als der Finder wieder ansprechbar schien, erzählte Herr Maiteufel 
              ihm von dem Gespräch bei Mara.  
              "Warum springt Mara nicht einfach für den Läufer 
              ein?"  
              "Ach, Mara", meinte der Finder. "Mara macht sich 
              immer gern ein bisschen wichtig. Momentan könnte sie gar nicht 
              einspringen, da nicht geklärt ist, wo der Läufer ist, 
              und warum er seinen Zug nicht machen kann oder möchte. Erst 
              wenn das geklärt ist, könnte Mara für ihn einspringen. 
              Wir haben diese Regel zum Schutz jedes Einzelnen von uns erlassen. 
              Denn sonst könnte man jeden verschwinden lassen, dessen Zug 
              man verhindern wollte. Allerdings hat Mara insofern recht, als dass 
              es nicht möglich ist, zwei zu überspringen. Außer 
              natürlich wenn jemand gestorben ist oder wegziehen möchte." 
              "Aber das ist doch eine schreckliche Verordnung!" rief 
              Herr Maiteufel. "Sie erdrückt euch geradezu alle mit ihren 
              begrenzten Regeln." 
              "Nein", erwiderte der Finder ruhig, "es ist doch 
              schön, wenn jeder mal die Stadt verändern darf. Das ist 
              nicht begrenzt, sondern sehr lebendig." 
              "Und was ist, wenn der Läufer nicht mehr kommt und Mara 
              auch irgend etwas zustößt, oder sie sich tatsächlich 
              weigert?" 
              "Dass Mara sich mit dem ihr eigenen Engagement weigert, glaube 
              ich nicht", schmunzelte der Finder. "Aber wenn ihr etwas 
              zustoßen sollte ..."  
              Entmutigt legte der Finder seinen Kopf in die Hände und starrte 
              ins Leere. "Ich muss einfach den Läufer finden", 
              murmelte er. 
              "Warum hilft Ihnen eigentlich niemand bei der Suche?" 
              fragte Herr Maiteufel einfühlsam. 
              "Hm, es helfen mir einige. Mara und ihre Bekannten zum Beispiel. 
              Aber meistens liefern sie mir nur verwirrende Informationen. Dann 
              muss ich all diesen Informationen nachgehen, ohne dass uns das irgendwie 
              weiterbringt. So verliere ich sehr viel Zeit. Letztendlich muss 
              sowieso ich den Läufer finden, weil ich der Finder bin", 
              seufzte er müde. 
              Herr Maiteufel bemerkte die Müdigkeit des Finders und wollte 
              nicht länger stören.  
              "Kann ich Sie in den nächsten Tagen noch einmal besuchen?" 
              fragte er, als er sich verabschiedete.  
              "Selbstverständlich", erwiderte der Finder. "Ich 
              bin abends oft allein und freue mich immer, wenn jemand vorbei kommt. 
              Außer natürlich, wenn es diese boshaften Leute sind, 
              die mich bedrohen." 
              Mit vorgehaltener Hand gähnend verabschiedete sich der Finder 
              von Herrn Maiteufel und schloss hinter sich die Tür. 
              Es war schon beinahe Mitternacht und nun doch ein bisschen kalt. 
              Fröstelnd knöpfte er sich seine Jacke zu und ging mit 
              raschen Schritten zum Hotel. 
             
             Ende Teil 3 
            Wie die Geschichte weitergeht, erfahrt ihr 
              im   
              Rossipotti 
              No. 10! 
            
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