Ursula Wölfel

* 16.09. 1922 in Hamborn (heute Duisburg)
† 23.07. 2014 in Heidelberg


Leben


Ursula Wölfel
© Thienemann Verlag

Ursula Wölfel verbrachte ihre Kindheit und Jugend im Ruhrgebiet. Ihr Vater war Dirigent und ihre Mutter Lehrerin. Schon als Kind schrieb Ursula Wölfel kurze Geschichten. Nach dem Abitur studierte sie Germanistik, Geschichte, Philosophie und Psychologie in Heidelberg. Während des Zweiten Weltkrieges kam Ursula Wölfels Tochter zur Welt, die sie allein aufzog, da ihr Mann im Krieg starb. Nach Kriegsende setzte Ursula Wölfel ihr Studium fort, machte gleichzeitig eine Lehrerausbildung am Pädagogischen Institut in Jugenheim/Bergstraße, arbeitete dort einige Zeit als Assistentin und unterrichtete ein paar Jahre als Sonderschullehrerin in Darmstadt.
1959 veröffentlichte sie ihr erstes Kinderbuch Der rote Rächer. Seit 1961 ist sie als freie Schriftstellerin tätig. Ihre Bücher wurden bisher in fünfzehn Sprachen übersetzt und über 3 Millionenmal verkauft. Mond, Mond, Mond wurde 1976 für das Fernsehen verfilmt und Feuerschuh und Windsandale 1962 als Zeichentrickfilm produziert.
Ursula Wölfel ist Mitglied des Schriftstellerverbandes PEN.

Werk und Bedeutung

Ursula Wölfel ist eine der erfolgreichsten deutschen Autorinnen für Kinder- und Jugendliteratur der Nachkriegszeit. Viele ihrer Texte wurden in Schulbücher aufgenommen.
Neben lustigen Geschichten, Gedichten, Bilderbüchern und historischen Romanen schreibt sie vor allem realistische Kinderbücher, in denen es um psychische Probleme von Kindern und um Sozial- und Gesellschaftskritik geht. Als Autorin hat Ursula Wölfel die deutsche realistische Kinderliteratur in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg sehr beeinflusst. Sie war eine der ersten, die über seelische Probleme von Kindern in Büchern für Kinder geschrieben hat. Die Helden sind darin meistens unglückliche, einsame Kinder, die aus eigener Schuld oder durch die Schuld anderer Menschen zu Außenseitern wurden oder in eine schwierige Situation gerieten. Die Probleme der Kinder können aber immer gelöst werden, weil sie selbst ihr Verhalten ändern oder weil sich ihre Umwelt ändert, die aus Eltern, Freunden oder Mitschülern besteht.
In dem Kinderbuch Sinchen hinter der Mauer geht es um das sechsjährige Mädchen Sinchen. Sie ist ein Einzelkind und wächst unter der Kontrolle ihrer wohlhabenden Eltern auf. Diese haben ihre Tochter zwar lieb, merken aber nicht, dass sie sehr einsam ist. Sinchen spielt immer allein im Garten, bis sie eines Tages einen Jungen von der anderen Seite der Gartenmauer trifft und sich mit ihm anfreundet. Durch ihn lernt sie das Leben außerhalb ihrer behüteten Welt kennen. Obwohl ihr die Welt da draußen nicht immer gefällt, ist es für sie trotzdem wichtig, davon zu wissen und außerdem ist sie nun nicht mehr einsam.
In Feuerschuh und Windsandale wird der Junge Tim von anderen Kindern gehänselt, weil er sehr dick ist und seine Familie nicht viel Geld hat. Tim ist deshalb unglücklich und kann sich selbst nicht leiden. Seine Eltern sind sehr liebevoll und denken sich für Tim etwas aus. Der Vater unternimmt mit ihm eine Wanderung auf der Tim lernt, dass andere Dinge wichtiger sind als gut auszusehen oder viel Geld zu haben. Als sie zurückkehren, ist Tim zwar nicht dünner geworden, dafür aber viel zufriedener.
Das Buch Fliegender Stern spricht dagegen ein ganz anderes Thema an. Darin geht es um einen Indianerjungen, dessen Stamm keine Büffel mehr jagen kann, weshalb die Indianer oft hungern müssen und kein Leder für Kleidung mehr haben. Er gibt den weißen Siedlern die Schuld daran, weil sie in das Land der Indiander gekommen sind, sich Teile davon einfach genommen haben, darauf Städte gebaut und Eisenbahnlinien errichtet haben. Dadurch wurde der Lebensraum der Büffel zerstört. Der Junge macht sich mit seinem Freund auf eine nicht ungefährliche Reise zu den Weisen. Dort erfährt er, dass es unter den weißen Männern auch welche gibt, die die Indianer respektieren und einer von ihnen zeigt den Freunden, wo es noch Büffel zum Jagen gibt.
Ab den 1970er Jahren gibt es einen thematischen Bruch in Ursula Wölfels Werk. Es geht nun fast ausschließlich um Sozial- und Gesellschaftskritik. In den Büchern stehen die Kinder und ihre Sorgen beispielhaft für die Probleme einer größeren Gemeinschaft. Die Probleme können zwar selten gelöst werden, dafür lernen die Kinder mit den schweren Bedingungen ihrer Umwelt zu leben.
In dem Buch Die grauen und die grünen Felder gibt es vierzehn kurze Geschichten, die unterschiedliche Probleme sowohl von Kindern, Jugendlichen als auch Erwachsenen zeigen und alles andere als eine heile Welt darstellen. Die Autorin schreibt darin sehr ernst von sozialer Armut, von Krieg, von geschiedenen oder alkoholabhängigen Eltern, von Rassismus, Vorurteilen oder dem Ausgrenzen von Behinderten.
In dem Jugendroman Ein Haus für alle wird neben der Lebensgeschichte der Geschwister Dana und Leo auch ein Stück deutsche Geschichte erzählt. Sie verlassen 1921 den Hof ihres Vaters und ziehen ins Ruhrgebiet. Dort wollen sie nach ihren eigenen Vorstellungen ein freies Leben führen. Doch die Familie muss schwere Zeiten durchstehen. Vor allem während des Nationalsozialismus haben sie mit vielen Problemen zu kämpfen. In dem lehrreichen Kindersachbuch Sechzehn Warum-Geschichten von den Menschen werden Fragen beantwortet, die sich Kinder irgendwann einmal stellen. Zum Beispiel wie es zu Armut und Reichtum kommt, wieso es Kriege gibt, was es bedeutet, alt zu werden, warum man einen Beruf lernt oder was es mit unserer Sprache auf sich hat. Die Autorin versucht mit diesen Büchern den Kindern die Probleme der Welt oder des menschlichen Verhaltens zu zeigen.
Da Ursula Wölfels wichtigste Bücher schon vor 40 bis 50 Jahren erschienen, wirken die Helden und deren Probleme heute zum Teil veraltet.
Ihre einfühlsamen und oft ernsten Geschichten sind in einer klaren, einfachen Sprache geschrieben, die jeder versteht. Weil die Autorin durch ihre Ausbildung als Sozialpädagogin sehr geprägt wurde, steckt in jedem Buch eine Botschaft, die man oft nur durch aufmerksames Lesen entdeckt. Ihr geht es dabei nicht ums Belehren, sondern darum, ihren Lesern das wirkliche Leben zu zeigen und sie zum Nachdenken zu bringen. Sie sollen aus den Geschichten lernen und erkennen, dass man mit Mut und Selbstvertrauen Dinge erreichen oder verändern kann.

Auszeichnungen (Auswahl)

1962 Deutscher Jugendliteraturpreis für Feuerschuh und Windsandale
1991 Buxtehuder Bulle für Ein Haus für alle
1991 Deutscher Jugendliteraturpreis für ihr Gesamtwerk

Titelauswahl

Der rote Rächer / Wölfel, Ursula (Text) - Hoch Verlag 1959. Buchvorstellungen: (1)
Fliegender Stern / Wölfel, Ursula (Text); Rotfuchs, Heiner (Illu.) - Hoch Verlag 1959. Buchvorstellungen: (1)
Sinchen hinter der Mauer / Wölfel, Ursula (Text); Meyer-Riehl, A. E. (Illu.) - Hoch Verlag 1960. Buchvorstellungen: ()
Feuerschuh und Windsandale / Wölfel, Ursula (Text); Rotfuchs, Heiner (Illu.) - Hoch Verlag 1961. Buchvorstellungen: ()
Mond, Mond, Mond / Wölfel, Ursula (Text) - Hoch Verlag 1962. Buchvorstellungen: ()
Joschis Garten / Wölfel, Ursula (Text); Rotfuchs, Heiner (Illu.) - Hoch Verlag 1965. Buchvorstellungen: ()
Siebenundzwanzig Suppengeschichten / Wölfel, Ursula (Text); Wölfel, Bettina (Illu.) - Hoch Verlag 1968. Buchvorstellungen: ()
Das blaue Wagilö / Wölfel, Ursula (Text); Wölfel, Bettina (Illu.) - Hoch Verlag 1969. Buchvorstellungen: ()
Die grauen und die grünen Felder / Wölfel, Ursula (Text) - Anrich Verlag 1970. Buchvorstellungen: ()
Sechzehn Warum-Geschichten von den Menschen / Wölfel, Ursula (Text); Wölfel, Bettina (Illu.) - Hoch Verlag 1971. Buchvorstellungen: ()
Der Nachtvogel - Eine Geschichte / Wölfel, Ursula (Text); Pingel, Marlene (Illu.) - Ravensburger 1975. Buchvorstellungen: ()
Dreißig Geschichten von Tante Mila / Wölfel, Ursula (Text); Wölfel, Bettina (Illu.) - Hoch Verlag 1977. Buchvorstellungen: ()
Ein Käfig für den gelben Vogel - Kindertheater-Stück / Wölfel, Ursula (Text) - Anrich Verlag 1979. Buchvorstellungen: ()
Bruder Franz von Assisi / Wölfel, Ursula (Text); Bollinger-Savelli, Antonella (Illu.) - Patmos 1981. Buchvorstellungen: ()
Vom Morgen bis zum Abend / Wölfel, Ursula (Text); Wölfel, Bettina (Illu.) - Patmos 1987. Buchvorstellungen: ()
Hannas Reise / Wölfel, Ursula (Text); Wölfel, Bettina (Illu.) - dtv 1989. Buchvorstellungen: ()
Ein Haus für alle / Wölfel, Ursula (Text) - Thienemann Verlag 1991. Buchvorstellungen: ()
Von der Zaubermütze und elf andere winzige Geschichten / Wölfel, Ursula (Text); Wölfel, Bettina (Illu.) - Thienemann Verlag 1996. Buchvorstellungen: ()
Das schönste Martinslicht / Wölfel, Ursula (Text); Wölfel, Bettina (Illu.) - Thienemann Verlag 2003. Buchvorstellungen: ()

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