Josef Guggenmos

* 02.07.1922 in Irsee (Allgäu)
† 25.09.2003 in Irsee


Leben


Josef Guggenmos © Beltz & Gelberg

Josef Guggenmos wurde im Juli 1922 in bayrischen Irsee im Allgäu geboren. Er war der erste Sohn seiner Eltern, eines Pflegers und einer Schneiderin, die später noch zwei weitere Kinder bekamen. Josef wuchs in einem Haus, das schon sein Urgroßvater bewohnt hatte, in einer ländlichen Gegend am Waldrand auf.
Nachdem Guggenmos die Volksschule abgeschlossen hatte, besuchte er das katholische Gymnasium St. Otillen. Während dieser Zeit spielte er mit dem Gedanken, Benediktinerpater zu werden.
Im Jahr seiner Abiturprüfung, 1939, brach der Zweite Weltkrieg aus. Guggenmos wurde in den Militärdienst eingezogen und war als Funkabhörer in der Ukraine und in Estland stationiert. Auf dem Weg nach Oslo wurde er von den englischen Truppen gefangen genommen und war 1945 mehrere Wochen englischer Kriegsgefangener in Dänemark.
Nach Kriegsende begann Guggenmos 1945 sein Studium der Germanistik und Kunstgeschichte, Archäologie und Indologie. Er studierte unter anderem an den Universitäten Marburg und Bonn. Während seiner Studienzeit lebte er für ein Jahr in Finnland, wo er in einer Gärtnerei arbeitete. Guggenmos beendete sein Studium 1953 ohne Examen. Er meinte, er brauche kein Examen, wollte er doch etwas „Eigenständiges“ machen, wozu er seiner Meinung nach keinen Studienabschluss brauchen würde.
Fortan arbeitete er als Lektor und Übersetzer in verschiedenen deutsche Städten für unterschiedliche Verlage und reiste durch die Welt.
1959 heiratete Guggenmos Therese Wild. Mit ihr kehrte er, nachdem er zwanzig Jahre an unterschiedlichen Orten gelebt und gearbeitet hatte, in sein Geburtshaus in Irsee zurück und bekam drei Töchter.
1956 erschien unter dem Titel Lustige Verse für kleine Leute sein erster eigener Gedichtband für Kinder. Guggenmos sagte selbst, dass er durch die Arbeit an einer Übersetzung von Robert L. Stevensons Gedichtband für Kinder A child’s garden of verses Lust bekam, selbst Kindergedichte zu schreiben. Allerdings erschien seine Übersetzung von Stevensons Gedichten erst Jahre später 1969 unter dem Titel Mein Königreich.
Zwei Jahre davor gelang ihm 1967 mit seinem hochgelobten Kinder-Gedichtband Was denkt die Maus am Donnerstag? der literarische Durchbruch, wofür er die Prämie des Deutschen Jugendbuchpreises erhielt. In der Folge veröffentlichte er noch viele andere Gedichtbände für Kinder wie Warum die Käuze große Augen machen, Gorilla, ärgere dich nicht oder Oh, Verzeihung, sagte die Ameise.

Bis an sein Lebensende lebte und arbeitete Guggenmos in dem Haus, in dem bereits sein Großvater und sein Urgroßvater gelebt hatte. Die Nähe zur Natur und die ländliche Umgebung spiegeln sich in vielen seiner Werke wider und sind ein Hauptbestandteil des Werkes von Josef Gugggenmos.
So auch in den vielen Haikus, die Guggenmos in seinen letzten Lebensjahren schrieb. Haikus sind übrigens kurze Gedichte, die einem japanischen Reimschema folgen.
Guggenmos starb 2003 an Leukämie.

Werk und Bedeutung

Josef Guggenmos hat über 1000 Gedichte geschrieben, die in mehr als 80 Büchern veröffentlicht wurden. Daneben hat er aber auch Geschichten, Kasperlstücke und Sachbücher für Kinder und Jugendliche geschrieben und als Übersetzer und Lektor gearbeitet.
Bekannt ist er aber vor allem als Lyriker für Kinder. Seine Gedichte sind in unzähligen Sammelbänden erschienen und aus den deutschen Schul- und Lesebüchern nicht mehr wegzudenken. Guggenmos gilt als einer der wichtigsten deutschen Kinderlyriker neben Brecht und Kästner.
Seine Texte wurden von vielen bekannten Illustratoren bebildert. So zum Beispiel von Eva Johanna Rubin, Mario Grasso, Nikolaus Heidelbach, Rotraut Susanne Berner und Axel Scheffler.

Als Guggenmos 1967 mit seiner Gedicht-Sammlung Was macht die Maus am Donnerstag? der Durchbruch gelang, waren viele Kinder- und Jugendbuchautoren dieser Zeit der Ansicht, dass man Kindern gesellschaftskritische, politische Literatur zum Lesen geben sollte, die sie zum Nach- und Mitdenken anregen und emanzipieren, also von alten Vorstellungen und Zwängen befreien sollte.
Die meisten Lyriker für Kinder machten diesen Trend, zumindest in der Bundesrepublik Deutschland, damals nicht mit.
Auch Josef Guggenmos schrieb nicht gezielt politische Gedichte für Kinder. Sondern er schrieb lieber Gedichte über die Natur, über Pflanzen und Tiere, den Wind und die Jahreszeiten. Oder er schrieb über Träume, über Phantasie- und Märchenfiguren wie Riesen, Könige und Prinzessinen.
Er widmet sich insgesamt den kleinen Dingen und Gegenständen unseres Alltags, die wir oft übersehen. Sanft und zart beschreibt er beispielsweise, was mit einem Löwenzahn passiert, wenn ihm sein „Silberhaar“ vom Köpfchen gepustet wird. Oder wie eine Tulpe den Frühling erlebt, wie in dem Gedicht Die Tulpe aus dem Gedichtband Groß ist die Welt:

Die Tulpe

Dunkel
war alles und Nacht.
In der Erde tief
die Zwiebel schlief,
die braune.

Was ist das für ein Gemunkel,
was ist das für ein Geraune,
dachte die Zwiebel,
plötzlich erwacht.
Was singen die Vögel da droben
und jauchzen und toben?
Von Neugier gepackt,
hat die Zwiebel einen langen Hals gemacht
und um sich geblickt
mit einem hübschen Tulpengesicht.

Da hat ihr der Frühling entgegengelacht.

Neben der Beschreibung der kleinen Dinge, rätselt und witzelt Guggenmos, stellt irritierende, zum Teil sinnlos wirkende Fragen und gibt sich darauf nachdenklich machende, wieder sinnstiftende Antworten. So fragt er, was die Maus am Donnerstag wohl denkt und erfährt, dass die Maus davon träumt, stärker zu sein als eine Katze. Oder er fragt sich, wie es wohl wäre, wenn er selbst aus Glas wäre? Und stellt fest, dass er wahrscheinlich schnell zerbrechen würde und deshalb lieber er selbst bleiben möchte. Oder er fragt die Bienenkönigin – und nicht den Markthändler – nach dem Wert eines Glases Honig. Und erfährt von der Bienenkönigin, dass ein Glas Honig zwar auf dem Markt ein paar Euro kostet, der Bienenkönigin jedoch ein Vielfaches mehr bedeutet.
Guggenmos erkennt und beschreibt die alltäglichen Wunder um uns herum und macht sie mit seiner einfachen Sprache und den nahe liegende Schlüssen, auf die doch sonst keiner kommt, wieder zu dem, was sie eigentlich auch sind – etwas ganz Besonderes.
Obwohl die Gedichte von Guggemos oft lustig sind, haben sie einen ernsten Kern, wenn sie auf den tieferen Wert der Dinge verweisen, die wir als alltäglich wahrnehmen. Guggenmos zeigt dadurch seine Wertschätzung für die Natur und andere Lebewesen.
Wahrscheinlich ist es dieser in locker-leichte, humorvolle Verse verpackte Ernst, der seinen Gedichten den gleichen Rang gibt wie große Dichtung.

Obwohl Guggenmos nicht gezielt für Kinder, sondern nach eigenen Worten vor allem für sich selbst Gedichte geschrieben hat, freute er sich, als Kinderlyriker wahrgenommen zu werden.
Seine Texte eigenen sich auch sehr gut für Kinder. Zum einen kommen sie durch ihre Themenauswahl und die Hervorhebung der alltäglichen, kleinen Dinge der kindlichen Sichtweise entgegen. Zum anderen erreichen sie Kinder durch ihre klare poetische Sprache voller Witz und Situationskomik, Wort- und Sprachspiele. Wie der Zungenbrecher von den Schnirkelschnecken, in dem sieben kecke Schnirkelschnecken auf einem Stecken sitzen und dort „kecke Schnirkelschneckenwitze“ machen.
Insgesamt haben seine Texte eine schwungvolle Melodie, einen eigenen Rhythmus und folgen außergewöhnlichen Klang- und Reimmustern. Nach Ansicht von Guggenmos muss sich ein Gedicht übrigens nicht reimen, sondern kann auch durch eine gelungene Kombination von Vokalen und Lauten eine gute und besondere Wirkung erzeugen. In der folgenden Strophe aus dem Gedicht Das Gewitter kann man sowohl ein besonderes Reim- als auch Klangmuster erleben:

„Gleich geht es los!”
sagten im Kaufhaus Dronten
drei Tanten
und rannten heim,
so schnell sie konnten.

Auszeichnungen (Auswahl)

1968 Prämie zum Deutschen Jugendbuchpreis für Was denkt die Maus am Donnerstag?
1980 Europäischer Jugendbuchpreis Provincia di Trento
1985 Friedrich-Bödecker-Preis
1990 Literaturpreis Marburg und des Landkreises Marburg-Biedenkopf
1992 Großer Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur e.V. Volkach
1993 Deutscher Jugendliteraturpreis: Sonderpreis für Lyrik
1997 Österreichischer Staatspreis für Kinderlyrik
2002 Ehrenbürger von Irsee

Titelauswahl

Lustige Verse für kleine Leute / Guggenmos, Josef (Text); Hilf, Hadmut (Illu.) - Agentur des Rauhen Hauses 1956. Buchvorstellungen: ()
Was denkt die Maus am Donnerstag? / Guggenmos, Josef (Text); Stiller, Günther (Illu.) - Paulus 1967. Buchvorstellungen: ()
Gorilla ärgere dich nicht! / Guggenmos, Josef (Text); Bous, Anne (Illu.) - Beltz und Gelberg 1971. Buchvorstellungen: ()
Ich läute den Frühling ein und andere Geschichten / Guggenmos, Josef (Text); Rubin, Eva Johanna (Illu.) - Bitter 1975. Buchvorstellungen: ()
Wer braucht tausend Schuhe? - Tiergeschichten und Gedichte / Guggenmos, Josef (Text); Gebhardt-Gayler, Winnie (Illu.) - Stalling 1980. Buchvorstellungen: ()
Sonne, Mond und Luftballon: - Gedichte für Kinder / Guggenmos, Josef (Text); Grasso, Mario (Illu.) - Beltz und Gelberg 1984. Buchvorstellungen: ()
Oh, Verzeihung sagte die Ameise / Guggenmos, Josef (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz & Gelberg 1990. Buchvorstellungen: ()
Rundes Schweigen: - ausgewählte Haiku 1982 - 2002 / Guggenmos, Josef (Text) - Hamburger Haiku Verlag 2005. Buchvorstellungen: ()
Groß ist die Welt: - die schönsten Gedichte / Guggenmos, Josef (Text); Friedrichson, Sabine (Illu.) - Beltz und Gelberg 2006. Buchvorstellungen: ()
Und was denkt die Maus am Donnerstag / Guggenmos, Josef (Text); Schmid, Sophie (Illu.) - Bajazzo 2007. Buchvorstellungen: ()

http://www.rossipotti.de/ausgabe10/salon_albert.html