Guus Kuijer

* 1942 in Amsterdam


Leben


Guus Kuijer
© Jaco Klamer

Guus Kuijer wurde 1942 in Amsterdam in den Niederlanden geboren. Er war ein schlechter Schüler. Als er zum dritten Mal eine Klasse wiederholen musste, schickten seine Eltern ihn aufs Internat. Trotzdem mochte er die Schule und wurde später sogar Grundschullehrer.

Sein erstes Kinderbuch schrieb Guus Kuijer vor vielen Jahren für Madelief, eine Tochter von Freunden. Seine Mädchen-Heldinnen sind seitdem berühmt geworden: Maslief aus Erzähl mir von Oma ebenso wie Polleke, Kuijers beliebte Heldin, über die er bereits fünf Bücher geschrieben hat und in die er sich, wie er sagt, beim Schreiben verliebt hat. Der Autor selbst erklärt, er wähle gerne Mädchen als Heldinnen für seine Bücher aus, weil er so „mehr Abstand habe“: „Ich habe früher auch über Jungen geschrieben, aber ich brauchte mehr Erfahrung, um nicht zu persönlich zu werden. Das ist immer eine Gefahr. Der Mensch hat immer den Eindruck, dass er sehr interessant ist. (…) Aber das ist nicht der Fall. Abstand zu haben zu einer Figur ist für mich immer ein Vorteil. Dazu kommt, dass ich Frauen gerne mag.“

Schnell war Guus Kuijer als Schriftsteller so erfolgreich, dass er seine Arbeit als Lehrer aufgab und nur noch als Autor arbeitete. Er ist heute verheiratet, hat drei Kinder und lebt auf einem Bauernhof. Guus Kuijer bezeichnet sich selbst und seine Heldin Polleke als Moralisten: Sie hätten beide die Hoffnung, im Leben etwas verbessern zu können. Auf die Frage, was er Kindern wünsche, damit sie glücklich werden könnten, antwortet er: „Ich wünsche mir, dass jedes Kind einen Mentor findet.“ Der Autor meint damit einen Menschen, der für die Kinder da ist, und der ihnen zeigt, wohin ihr Lebensweg sie führen könnte, zum Beispiel ein Familienangehöriger, eine Lehrerin, ein Nachbar oder eine Freundin der Familie. In Kuijers Büchern haben die Kinder häufig das Glück, solche Mentoren zu finden: Polleke gewinnt ihren Lehrer als Bezugsperson, der sich in ihre Mutter verliebt. Außerdem hat sie liebevolle Großeltern, die auf dem Land wohnen, und die sie dort regelmäßig besucht. Thomas in Das Buch von allen Dingen wiederum findet Kontakt zu seiner wunderlichen Nachbarin Frau Van Amersfoort, die ihm zeigt, wie Musik und Literatur einen Menschen glücklich machen können.

Werk und Bedeutung

Guus Kuijer ist heute einer der erfolgreichsten niederländischen Kinder- und Jugendbuchautoren und weit über seine Landesgrenzen auf der ganzen Welt bekannt und beliebt. Das liegt unter anderem daran, dass er besonders lustig, lebendig und fantasievoll schreibt. Kuijers Kinderheldinnen und –helden sind eigenwillige Charaktere, die keine Angst davor haben, aus der Reihe zu tanzen und aufzufallen. Besonders an seinen Büchern ist auch, dass sie zwar teilweise traurige Themen wie Trennung der Eltern, Drogenabhängigkeit, Krieg und Vertreibung, Rassismus, sexuelle Belästigung beschreiben, nie aber schwerfällig oder moralisch wirken, sondern immer leicht, beschwingt und authentisch oder glaubwürdig. Der Leser hat nicht den Eindruck, dass Guus Kuijer ihm etwas beibringen oder ihn belehren möchte, sondern er wird hineingesogen in eine bunte, vielseitige Welt, in der das Seelenleben von Kindern auf außergewöhnlich originelle und gleichzeitig natürliche und heitere Art und Weise erzählt wird. Der Autor schreibt dabei immer aus der Perspektive der Kinder, die er überzeugend gestaltet: Nie wirkt die Sprache zu hochgestochen, nie erscheinen die Gedanken zu naseweis oder altklug.

Kuijers Buch Erzähl mir von Oma ist von den Büchern, die hier besprochen werden, das älteste: Es ist schon 1981 in Deutschland erschienen. Guus Kuijer hat dafür 1982 den Deutschen Jugendliteraturpreis erhalten. Erzähl mir von Oma ist die Geschichte von der oben erwähnten Maslief, einem Mädchen, deren Großmutter stirbt, und die sich daraufhin auf die Spuren dieser Frau begibt, die sie nur wenig kannte. Maslief besucht ihren Großvater und verbringt nachdenkliche und lustige Tage mit ihm. Sie spielen „Nörgelpeter“ zusammen, diskutieren darüber, ob Pommes ein gutes Frühstück sind und backen Pfannkuchen. Vor allem aber lässt sich Maslief Geschichten von früher erzählen, aus der Zeit, in der ihre Großmutter und ihr Großvater noch jung waren. Dabei findet sie heraus, dass ihre Großmutter damals ein Buch nach dem anderen verschlang, wissensdurstig und voller Tatendrang war und hinaus in die weite Welt wollte, um zu reisen und das Leben in seiner Fülle zu entdecken. Als das aber nicht möglich war, hörte sie irgendwann auf zu lesen und begann statt dessen wie eine Wahnsinnige aufzuräumen und zu putzen. So wurde sie die verbitterte, wortkarge Mutter, an die sich Masliefs Mutter mit nur wenig Freude erinnert.

Dreh- und Angelpunkt der Polleke-Reihe ist Polleke, im ersten Band elf Jahre alt, ein lustiges, selbstbewusstes Mädchen, das Gedichte schreibt und in Mimun, einen marokkanischen Jungen verliebt ist, in den sie aber nicht verliebt sein darf, weil seine Eltern wollen, dass er eine Marokkanerin heiratet. Pollekes Leben ist auch sonst ziemlich chaotisch: Ihr Vater ist drogenabhängig und lebt von der Mutter getrennt. Ihre Mutter und ihr Klassenlehrer sind eigentlich ineinander verliebt, streiten sich aber auch oft und können sich nicht entscheiden, ob sie nun heiraten wollen oder nicht. Pollekes Freundin Consuelo aus Mexiko ist manchmal traurig, weil sie mit ihrer Familie aus ihrer Heimat fliehen musste und dort schreckliche Dinge erlebt hat, über die sie nicht reden möchte, und Pollekes zweite wichtige Freundin, Caro, flirtet mit Mimun, obwohl sie weiß, dass Polleke in ihn verliebt ist. Das klingt alles ziemlich verrückt und kompliziert, ist aber vor allem eins: spannend und realistisch zugleich! Hervorhebenswert ist an den Polleke-Bänden auch – wie an Kuijers Gesamtwerk – die schlicht-klare und zugleich poetische Sprache: Der Autor schreibt kein Wort zu viel und  ist ein Meister der feinsinnigen Andeutung.

In seinen jüngsten in Deutschland erschienenen Publikationen, Das Buch von allen Dingen und Ein himmlischer Platz, hat sich Kuijer nach seinen Polleke-Bänden erstmalig wieder Jungen als Hauptfiguren erwählt: In Ein himmlischer Platz erlebt der zehnjährige hochbegabte und verträumte Florian aufregende Tage mit Katja, die in ihn verliebt ist, und einer an Alzheimer erkrankten alten Dame. Das Buch von allen Dingen spielt im Amsterdam der fünfziger Jahre und erzählt die Geschichte des neunjährigen Thomas, der gemeinsam mit seiner Mutter unter seinem strenggläubigen, tyrannischen Vater leidet. Da Thomas mit einer wundersamen Fantasie begabt ist und er zudem das Glück hat, die oben genannte Nachbarin Frau Van Amersfoort kennen zu lernen, gelingt es ihm im Laufe des Buches Stück für Stück, sich aus der Bannkraft des Vaters zu befreien und mit seiner Mutter ein helleres Leben zu beginnen.

Auszeichnungen (Auswahl)

1967, 1979, 2000, 2005 Goldener Griffel
1977,1984, 1988, 2002 Silberner Griffel
1979 Niederländischer Staatspreis für Kinder- und Jugendliteratur
1982 Deutscher Jugendliteraturpreis für Erzähl mir von Oma
2002 Deutscher Jugendliteraturpreis für Wir alle für immer zusammen
2006 Luchs des Jahres der Zeit für Das Buch von allen Dingen
2007 Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Das Buch von allen Dingen

2007 Kinder- und Jugendhörbuch des Jahres (hr2-Hörbuch-Bestenliste)

Titelauswahl

Erzähl mir von Oma / Kuijer, Guus (Text) - Friedrich Oetinger 1981. Buchvorstellungen: ()
Wir alle für immer zusammen - Reihe um Polleke / Kuijer, Guus (Text) - Friedrich Oetinger 2001. Buchvorstellungen: ()
Es gefällt mir auf der Welt - Reihe um Polleke / Kuijer, Guus (Text) - Friedrich Oetinger 2002. Buchvorstellungen: ()
Das Glück kommt wie ein Donnerschlag - Reihe um Polleke / Kuijer, Guus (Text) - Friedrich Oetinger 2003. Buchvorstellungen: ()
Wunder kann man nicht bestellen - Reihe um Polleke / Kuijer, Guus (Text) - Friedrich Oetinger 2004. Buchvorstellungen: ()
Ich bin Polleke! - Reihe um Polleke / Kuijer, Guus (Text) - Friedrich Oetinger 2005. Buchvorstellungen: ()
Das Buch von allen Dingen / Kuijer, Guus (Text) - Friedrich Oetinger 2006. Buchvorstellungen: ()
Ein himmlischer Platz / Kuijer, Guus (Text) - Friedrich Oetinger 2007. Buchvorstellungen: ()

http://www.buecher.at/show_content2.php?s2id=273
http://www.hanisauland.de/buchtipps/autorenlexikon/guus_kuijer/
http://www.perlentaucher.de/autoren/5683/Guus_Kuijer.html
http://www.literaturfestival.com/teilnehmer/autoren/2007/guus-kuijer