Prolog


Bedeutung

Wenn man manchmal ein Buch aufschlägt, findet man nach der Titelei des Buchs, der Inhaltsangabe, der möglichen Widmung und dem sinnreichen Gedicht oder Aphorismus einer bekannten Persönlichkeit nicht gleich die Geschichte, sondern zuerst noch ein einleitendes Vorwort des Autors. In wissenschaftlichen Texten nennt man so ein Vorwort schlicht Vorwort oder Einleitung. In literarischen Texten und dramatischen Werken nennt man einleitende Worte dagegen Prolog. Allerdings spricht man nur dann von einem Prolog, wenn der Text vom Autor selbst und nicht von einem Herausgeber, Literaturwissenschaftler oder einer anderen Person geschrieben wurde. Ein Prolog ist also das vom Autor selbst verfasste Vorwort vor dem ersten Kapitel oder der ersten Szene eines literarischen oder dramatischen Werkes.
In Anlehnung an Theaterstücke spricht man heute auch bei Eingangsszenen von Filmen und Fernsehserien von Prologen.

Funktion des Prologs

Im Prolog kann der Autor Dinge schreiben, die nicht direkt in die Geschichte passen, er aber trotzdem erwähnen will. Zum Beispiel kann er mit dem Prolog den Leser begrüßen, ihm die Vorgeschichte der eigentlichen Geschichte erzählen oder ihm Hintergrundinformationen geben, die er in der eigentlichen Geschichte nicht mehr erwähnen möchte.
Außerdem kann der Autor mit dem Prolog eine andere Erzählhaltung einnehmen als in dem eigentlichen Buch. Er kann sich zum Beispiel über seine eigene Geschichte lustig machen oder im Gegenteil auch versuchen, sie als besonders ernst- oder wahrhaft darzustellen. Und er kann auch eine andere Erzählperspektive einnehmen als im eigentlichen Buch. Statt der Innenansicht der Helden kann er beispielsweise die Außenansicht zeigen.
Im Unterschied zum Epilog (Nachwort), der offene Fragen klärt oder die Geschichte abschließen möchte, soll der Prolog auf die Geschichte einstimmen, neugierig machen und die Sicht auf die Geschichte in bestimmte Bahnen lenken.

Beispiele

Prologe findet man am häufigsten als Einleitung von dramatischen Werken wie Theaterstücken, Filmen (Vorspann) oder auch bei Hörspielen. Hier werden sie von einer oder mehreren Personen erzählt oder vorgespielt.
Sehr bekannt ist der Prolog in Goethes Faust I, der die Rahmenhandlung für das gesamte Drama darstellt: Der Teufel Mephisto wettet mit Dem Herrn (Gott), dass er es schafft, den Menschen Faust auf seine Seite zu ziehen. Falls er gewinnt, möchte er Faust mit in die Hölle nehmen. Der Herr, der an die Rechtschaffenheit Fausts glaubt, wettet dagegen, und das Drama nimmt ab der ersten Szene seinen Lauf.

In der Kinderliteratur sind Prologe eher selten, trotzdem stößt man immer wieder darauf. Zum Beispiel im ersten Band der Kurzhosengang von Zoran Drvenkar und Andreas Steinhöfel. Drvenkar gab sich in dem Buch die beiden Pseudonyme Victor Caspar und Yves Lanois und ließ das Buch zum Schein von Andreas Steinhöfel aus dem „kanadischen Englisch“ ins Deutsche übersetzen. Um die Glaubwürdigkeit der erfundenen Namen Caspar und Lanois und der Echtheit der Geschichte und seiner Helden zu unterstreichen, schrieb Steinhöfel neben vielen Fußnoten im Roman auch einen Prolog. In dem Prolog erklärt er, warum die Autoren bisher niemand zu Gesicht bekommen hat (sie leben abgeschieden von der Welt in Kanada), und warum er selbst die vier Helden der Kurzhosengang bei seinem Besuch in Kanada nicht treffen konnte (sie waren zu beschäftigt). Außerdem wird im Prolog behauptet, dass das Buch in Kanada mittlerweile ein Bestseller geworden ist. Und zwar angeblich deshalb, weil das Buch endlich einmal Kinder so beschreibt, wie sie sind. Nachdem Steinhöfel dann in dem Prolog noch kurz auf seine Arbeit als Übersetzer und Fußnotenschreiber eingeht, beendet er sein Vorwort und gibt endlich die Sicht auf die eigentliche Geschichte frei: „Vorhang auf für die Kurzhosengang!“

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