Nikolaus Heidelbach

* 5. Dezember 1955 in Lahnstein am Rhein


Leben


Nikolaus Heidelbach © Max Groenert

Nikolaus Heidelbach wurde als eines von fünf Kindern des Malers Karl Heidelbach geboren. Er ist dadurch mit dem Zeichnen groß geworden. Richtig beigebracht hat sich Nikolaus Heidelbach das Zeichnen allerdings selbst. 
Nach dem Abitur studierte er Germanistik, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaften in Köln und Berlin. Während seines Studiums entstand mit Bilderbogen sein erstes Buch für Erwachsene. 1982 erschien sein erstes Bilderbuch Das Elefantentreffen oder 5 dicke Angeber, das mit dem Oldenburger Jugendbuchpreis ausgezeichnet wurde.
In den letzten, knapp 30 Jahren hat Nikolaus Heidelbach zahlreiche Bilder, Texte und Bilderbücher für Kinder und Erwachsene veröffentlicht. Neben der Illustrierung eigener Texte, bebilderte er auch Kinderbücher anderer Autoren wie Franz Hohlers Das dicke Hohler Buch, Christine Nöstlingers Der neue Pinocchio, Paul Maars Der Aufzug und nicht zuletzt die Märchen der Gebrüder Grimm und H.C. Andersens, sowie Gedichte von Josef Guggenmos. Außerdem veröffentlichte er in den Magazinen Der Rabe und Der Bunte Hund und machte Coverillustrationen z.B. für die Artemis Fowl Bände.
Nikolaus Heidelbachs Arbeiten wurden vielfach ausgezeichnet.
Er lebt als freischaffender Künstler mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Köln.

Werk und Stil

Nikolaus Heidelbach gehört zu den international anerkanntesten, deutschen Bilderbuch-Künstlern der Gegenwart. Er hat viele Preise und Auszeichnungen erhalten und seine Bilder werden unter Kennern hoch geschätzt. Durch die Bebilderung der Märchen der Gebrüder Grimm und H.C. Andersens wurde er auch einem breiteren Publikum bekannt.
Trotzdem sind die meisten seiner Bücher in Deutschland weniger bekannt als zu erwarten wäre. Das mag daran liegen, dass Heidelbach als jemand gilt, der mit seinen Bildern die Leute polarisiert. Das heißt, dass er die Betrachter mit seinen Darstellungen mit etwas konfrontiert, das sie entweder unzumutbar oder großartig finden.
Ein Beispiel: In dem Alphabet-Buch Was machen die Jungs? stellt Nikolaus Heidelbach neben dem Buchstaben „U“ einen Jungen dar, der auf einem Friedhof wie ein Toter neben zwei anderen Gräbern liegt. Daneben steht der Text „Uwe übt“. Dieses Bild kann einen schockieren. Zum einen, weil es den Tod im Kinderbuch überhaupt darstellt, zum anderen, weil man Uwes Spiel pietätlos oder rücksichtslos empfinden kann. Denn während Uwe nur übt, liegen daneben echte Tote. Man kann erleichtert lachen, weil der Junge noch lebt oder weil die ganze Situation einfach komisch ist, sich aber gleichzeitig schämen, dass man angesichts des Todes lacht. Insofern kann man das Bild als unzumutbar ablehnen.
„Uwe übt“ kann aber auch anders wahrgenommen werden. Denn Uwe spielt eigentlich nur das durch, womit sich jeder von uns sicher schon einmal gedanklich beschäftigt hat: „Wie ist es, wenn ich tot bin?“ Insofern schockiert das Bild nicht, sondern macht die Angst, die jeder vor dem Tod hat, sichtbar und macht es möglich, darüber zu reden. Dadurch hat das Bild eine befreiende Wirkung und zeigt außerdem, dass Angst auch schöpferisch machen kann.
Heidelbach zeichnet in erster Linie Kinder und bringt ihre Ängste, Träume und Gefühle in reale Bilder. Die Wirklichkeit wird immer wieder fantastisch durchbrochen und bekommt dadurch etwas Magisches, Doppelbödiges oder hintergründig Komisches. In Eine Nacht mit Wilhelm tut sich im wahrsten Sinne des Wortes der Boden unter den Füßen auf: Wilhelm fällt aus seinem Bett mehrere Stockwerke tief in den Keller. Als er wieder vor der Haustür steht, lässt ihn sein Vater nicht mehr rein, weil er seinen eigenen Sohn nicht mehr erkennt. In Was machen die Mädchen? wächst einem Mädchen ein Schlangenkörper und in Ein Buch für Bruno steigt Bruno mit Ulla in ein Buch, taucht in eine mittelalterliche Traum-Landschaft ein und rettet sie mit einem Brathühnchen schließlich vor einem Drachen.
Im Unterschied zum hilfsbereiten Bruno können Heidelbachs Kindergestalten auch hinterhältig und gemein sein. Das Mädchen Gisela in dem Buch Königin Gisela fordert von den ihr untergebenen Erdmännchen, einen von ihnen zu töten, um ihr daraus einen Bikini machen zu können, oder in Was machen die Jungs? will Charles dem Teufel seinen Bruder verkaufen.
Mit diesen zum Teil boshaften Kindergestalten möchte Heidelbach nicht bewusst Tabus brechen oder provozieren, sondern stimmige Geschichten erzählen, die einen realen, wirklichen Kern haben. Denn Kinder sind Heidelbachs Meinung nach in Wirklichkeit eben häufig nicht nur niedlich, sondern auch gemein.



Ausschnitt aus dem Buch „Was machen die Mädchen“ von
Nikolaus Heidelbach © Beltz & Gelberg Verlag

Neben Kindern sind Heidelbachs Protagonisten auch Tiere und Erwachsene, vor allem dann, wenn er Texte anderer Autoren illustriert. In der viel beachteten Märchen-Ausgabe von H.C. Andersen hat er viele Tiere täuschend echt gemalt.
Obwohl Heidelbach einen unverwechselbaren Stil hat, geht er bei der Illustrierung von fremden Texten auf den jeweiligen Autor ein und fügt dem Text eine neue Betrachtungsweise hinzu. So zum Beispiel in seiner Interpretation von Hänsel und Gretel in der Märchen-Ausgabe der Gebrüder Grimm. Hier zeigt er nicht wie in den meisten anderen Märchenillustrationen die verirrten Kinder im Wald, sondern stattdessen die Eltern, die ohne Hänsel und Gretel den Wald verlassen. Der Vater hat eine Axt auf der Schulter, die Mutter schaut böse und verschlagen nach hinten.

Heidelbach malt seine plastisch wirkenden Bilder mit Aquarellfarben und Buntstiften. Den detaillierten, für heutige Verhältnisse sehr aufwändig gemalten Illustrationen wird häufig eine „altmeisterliche Qualität“ bescheinigt. Die Landschaften erinnern öfters an mittelalterliche Darstellungen, in den Innenräumen fallen die kunstvollen Tapeten oder Hintergründe und die heute beinahe altertümlich wirkenden Möbel auf.
Heidelbachs Menschen wirken durch die Grimassen, die sie schneiden, ihre Handlungen und ihre manchmal enorme Leibesfülle oft überzeichnet und wie die Figuren eines Cartoons. An Cartoons erinnert auch sein bissiger Witz und seine Fähigkeit, komplexe Inhalte in einem Bild pointiert darzustellen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass Heidelbach als einige seiner Vorbilder Cartoonisten und Karikaturisten wie Busch, Ohser, Loriot, Traxler oder Seyfried angibt.
 

Auszeichnungen

1982 Oldenburger Jugendbuchpreis für Das Elefantentreffen oder 5 dicke Angeber.
1983 Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis mit Das Elefantentreffen.
1984 Troisdorfer Bilderbuchpreis für Eine Nacht mit Wilhelm.
1986 Troisdorfer Bilderbuchpreis für Der Ball oder Ein Nachmittag mit Bertie.
1987 Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis mit Der Ball oder Ein Nachmittag mit Bertie
1988 Troisdorfer Bilderbuchpreis für Vorsicht Kinder.
1993 Kinderbuchpreis des Landes Nordrhein-Westfalen.
2000 Sonderpreis Illustration des Deutschen Jugendliteraturpreises für sein Gesamtwerk.
2007 Großer Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur e.V. Volkach.
2007 Deutscher Jugendliteraturpreis in der Sparte Bilderbuch für Königin Gisela.

Titelauswahl

Das Elefantentreffen oder fünf dicke Angeber / Heidelbach, Nikolaus (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz & Gelberg 1982. Buchvorstellungen: ()
Prinz Alfred / Heidelbach, Nikolaus (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz &Gelberg 1983. Buchvorstellungen: ()
Eine Nacht mit Wilhelm / Heidelbach, Nikolaus (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz & Gelberg 1984. Buchvorstellungen: ()
Der Ball oder ein Nachmittag mit Bertie / Heidelbach, Nikolaus (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz & Gelberg 1986. Buchvorstellungen: ()
Der neue Pinocchio - Die Abenteuer des Pinocchio neu erzählt / Nöstlinger, Christine (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz & Gelberg 1988. Buchvorstellungen: ()
Oh, Verzeihung sagte die Ameise / Guggenmos, Josef (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz & Gelberg 1990. Buchvorstellungen: ()
Was machen die Mädchen? / Heidelbach, Nikolaus (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz & Gelberg 1993. Buchvorstellungen: ()
Der Aufzug / Maar, Paul (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz & Gelberg 1993. Buchvorstellungen: ()
Märchen der Gebrüder Grimm / Grimm, Gebrüder (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz & Gelberg 1995. Buchvorstellungen: ()
Mein Gegenteil - Gedichte für Kinder / Nöstlinger, Christine (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz & Gelberg 1996. Buchvorstellungen: ()
Ein Buch für Bruno / Heidelbach, Nikolaus (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz &Gelberg 1997. Buchvorstellungen: ()
Was machen die Jungs? / Heidelbach, Nikolaus (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz & Gelberg 1999. Buchvorstellungen: ()
Die dreizehnte Fee / Heidelbach, Nikolaus (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz & Gelberg 2002. Buchvorstellungen: ()
Andersen Märchen / Andersen, Hans Christian (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz & Gelberg 2004. Buchvorstellungen: ()
Königin Gisela / Heidelbach, Nikolaus (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Beltz &Gelberg 2006. Buchvorstellungen: ()
Das grosse Buch - Geschichten für Kinder / Hohler, Franz (Text); Heidelbach, Nikolaus (Illu.) - Carl Hanser Verlag 2009. Buchvorstellungen: ()

http://www.rossipotti.de/ausgabe06/rossipottis_leibspeise.html#grimm
http://www.rossipotti.de/ausgabe09/kulturtasche.html
http://www.rossipotti.de/ausgabe06/11uhr_termin.html
http://jugendliteratur.org/archiv/2000/sonderpreis2k.htm