Osamu Tezuka

* 03.11.1928 in Toyonaka (Japan)
† 9.02.1989


Leben


Osamu Tezuka
© Carlsen, privat

Osamu Tezuka wurde als jüngstes von drei Kindern in Toyonaka City, in der japanischen Provinz Osaka, geboren. Im Japanischen wird der Familienname vor dem Vornamen genannt. Im Japanischen heißt Osamu Tezuka deshalb eigentlich Tezuka Osamu. Ruft man in Japan jemanden ausschließlich bei seinem Vornamen, so steht man dieser Person entweder sehr nahe oder man will unhöflich sein.
Osamu Tezukas Mutter erzählte ihm oft Geschichten und nahm ihn zum Takarazuka Theater mit. Das Takarazuka Theater ist eine große, in Japan sehr beliebte Musicalshow, in der alle Rollen von Frauen gespielt werden. Themen sind vor allem Bearbeitungen von westlichen Musicals, japanische Märchen oder Mangas. Das Takarazuka Theater beeindruckte Osamu Tezuka nach seinen eigenen Worten sehr. Viele seiner späteren Werke sind so von den Theaterstücken und Kostümen, welche er damals als Kind sah, beeinflusst worden.
Während seiner Grundschulzeit begann er, Comics (japanisch: Mangas) zu zeichnen, die damals schon seine Lehrer und Mitschüler sehr gefielen. Neben Comics faszinierten Tezuka auch Insekten. Als er eines Tages einen Käfer fand, dessen Name Osamushi seinem eigenen sehr ähnelte, begann er, seine Mangas unter diesem Pseudonym zu schreiben. Seine spätere Firma trug dann auch den Namen Mushi, was übersetzt Insekt bedeutet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann Osamu Tezuka in Osaka Medizin zu studieren, um wie sein Vater Arzt zu werden. Er war sich aber zu diesem Zeitpunkt nicht sicher, ob er nicht lieber Comiczeichner werden wollte. Und so zeichnete er nebenher weiter an verschiedenen Mangas, die auch in verschiedenen Magazinen veröffentlicht wurden. Sein erster Manga in Buchform mit dem Titel Shin Takarajima verkaufte sich mit 400.000 Exemplaren gleich sehr gut. Neben dem Studium veröffentlichte er auch seinen Manga Janguru Taitei, der bei uns später unter dem Titel Kimba, der weiße Löwe veröffentlicht wurde.
Trotz dieser großen Erfolge schloss Tezuka sein Medizin-Studium ab und ging erst danach nach Tokio, um sich dort seiner viel versprechenden Karriere als Mangaka, das ist ein professioneller Manga-Schöpfer, zu widmen. Sein Medizin-Studium schimmerte allerdings immer wieder in seinen Mangas durch und bereicherte sie. So zum Beispiel in den Science-Fiction-Mangas oder graphischen Romanen Black Jack und Kirihito.
Bei vielen seiner Werke ließ er sich stark von westlichen Comics, Filmen und Büchern inspirieren. Es erschienen in den folgenden Jahren viele Adaptionen oder Bearbeitungen von Filmen und literarischen Texten wie Die Schatzinsel, Robinson Crusoe, King Kong, Faust, Metropolis, Bambi, Pinocchio und sogar Verbrechen und Strafe. Aber er erfand auch eigene Geschichten wie Kimba, der weiße Löwe und Astroboy.
1961, nachdem er der wohl meistverdienende Comic-Zeichner Japans war, gründete Tezuka sein eigenes Anime-Studio. Anime sind japanische Zeichentrickfilme. Schon lange hatte Tezuka den Wunsch gehabt, Filme wie Walt Disney zu machen. Nach und nach wurden in Japan viele seiner Filme gesendet.
Einer seiner größten Erfolge im Anime-Bereich war die Fernsehserie über den Charakter Astroboy. Die Serie wurde auch bald in den USA und in Europa ausgestrahlt.
Sein Studio, das den Namen Mushi Productions trug, beeinflusste in den folgenden Jahren stark die Animationen im japanischen Fernsehen und feierte viele weltweite Erfolge.
Auch der bekannte amerikanische Regisseur Stanley Kubrik ließ sich von Tezukas Filmen inspirieren und bat ihn um eine Zusammenarbeit bei dem Film 2001: Odyssee im Weltraum.
Tezuka wollte aber sein Studio in Japan nicht für ein ganzes Jahr verlassen und so kam es nicht zu einer Verschmelzung der Ideen beider Profis.
Im Alter von 61 Jahren starb Tezuka an Magenkrebs. In dem, von dem Präsidenten seines Animations Studios verfassten Nachruf heisst es, er habe noch auf dem Sterbebett darum gebeten, weiterarbeiten zu dürfen.

Werk und Bedeutung

Osamu Tezuka war so etwas wie der japanische Walter Elias „Walt Disney“. Nicht nur in Japan wird er auf Grund seines großen Einflusses auf das Genre des Mangas und des Anime als der „Vater“ oder sogar „Gott des Manga“ oder „Gott des Anime“ bezeichnet.
Obwohl auch in Deutschland Generationen von Kindern mit den von ihm entwickelten Serien wie Kimba, der weiße Löwe oder Astroboy aufgewachsen sind, war sein Name außerhalb Japans lange Zeit nur echten Kennern ein Begriff. Nachdem die Popularität der Mangas sich im letzten Jahrzehnt allerdings weltweit ausgebreitet hat, kommen immer mehr seiner Werke nach Deutschland. Trotzdem sind viele seiner Werke immer noch nicht ins Deutsche übersetzt.
Osamu Tezukas Arbeiten inspirieren auch heute noch Millionen.
Tezuka war nicht nur ein großer, sehr einfallsreicher Zeichner, sondern er zeichnete auch unglaublich viel. Bis zu seinem Tod hat er ungefähr 150.000 Comic-Seiten, 600 Geschichten und 60 Animationsfilme mit vielen verschiedenen Geschichten und Charakteren entworfen. Übrigens ließ Tezuka manche Charakter wie Kenichi aus Kimba, der weiße Löwe in verschiedenen Comics mitspielen. Kenichis Aussehen und auch seine Charaktereigenschaften sind in den verschiedenen Geschichten dabei dieselben.
Zu Osamu Tezukas Werken gehören Comics oder Mangas, Trickfilme und graphische Romane. Graphische Romane auch Graphic Novels genannt, sind übrigens Romane oder lange, vielschichtige Geschichten, in denen das Bild den Text überwiegt oder sogar ohne Text auskommt.


Video: © arte - Metropolis-Redaktion

Tezukas frühe Arbeiten waren vor allem Bearbeitungen von literarischen Stoffen wie Faust oder Verbrechen und Strafe und Fantasy oder Science Fiction-Geschichten für Kinder. Seine späteren Mangas wie die düstere Graphic Novel Kirihito, der erotische Manga Barbara oder der mehrteilige, gezeichnete Thriller Adolf  um die historische Person Adolf Hitler sind dagegen eher Themen für Erwachsene. Sie sind insgesamt philosophischer, und es lassen sich teilweise Einflüsse von Edgar Allen Poe und Franz Kafka erkennen.
Tezukas wohl bekanntester Manga für Kinder ist die Reihe Astroboy. Astroboy ist ein kleiner Roboterjunge, der Superheldenfähigkeiten besitzt und diese Fähigkeiten dazu einsetzt, gegen das Unrecht in der Welt und für den Frieden zu kämpfen.
Auch Tezukas anderer, sehr berühmter Manga-Held Kimba, der weiße Löwe möchte sich für ein friedliches Leben unter den Dschungelbewohnern einsetzen. Kimbas Vater, der König der Tiere, wurde von Menschen getötet, der Löwenjunge selbst und seine Mutter wurden verschleppt. Prinz Kimba gelingt es, zu fliehen. Auf seinem Weg zurück in den Dschungel lernt er den Menschenjungen Kenichi kennen. Obwohl Menschen seinen Vater getötet haben, schließt er mit Kenichi Freundschaft. Nach einiger Zeit kehrt er allerdings wieder in den Dschungel zurück. Doch dort regiert inzwischen ein anderer Löwe, Bubu. Bubu ist allerdings ein schlechter Herrscher, und so bekommt Kimba Unterstützung von den anderen Tieren, um König zu werden.
Wie in Astroboy und Kimba, stellte sich Tezuka in seinen Arbeiten oft die Frage, was das Leben eigentlich ausmacht, wodurch es glücklich oder gelungen wird und wie man handeln sollte. Er selbst antwortete darauf einmal, dass man alles lieben solle, was lebendig sei.

Es sind allerdings weniger die Themen, die Tezuka zum „Vater des Manga“ machten, als viel mehr die Art und Weise, wie er die Themen ins Bild setzte. Es ist also sein Zeichenstil, mit dem er die Welt des Mangas nachdrücklich beeinflusste. So erfand Tezuka beispielsweise die großen Augen, die man beim japanischen Comic kennt. Am Anfang seiner Karriere sind seine Figuren noch kindlich rund, später wird sein Zeichenstil realistischer. Die eher heiteren Mangas und Animationen für Kinder sind in einem einfachen, fröhlichen Stil gezeichnet, während die Mangas für Erwachsene vom Zeichenstil her detailreicher, düsterer und wesentlich realistischer sind.
Außerdem entwickelte Tezuka einen filmartigen Stil, in dem er Szenen oder Sequenzen (Bilderfolgen), die in herkömmlichen Comics in wenigen Einzel-Bildern (Panels) ausgedrückt wurden, je nach Bedarf in viele verschiedene Panels aufteilte. Dadurch konnte er innerhalb einer Sequenz Dinge hin- oder wegzoomen, die Perspektive wechseln oder von realistischer in plötzlich symbolische oder phantastische Sichtweise wechseln.
Tezuka war überhaupt ein Meister darin, die Bilder ihrem Thema und der jeweiligen Situation anzupassen. Wenn er es nötig fand, stellte er in den verschiedenen Panels unterschiedliche Zeichenstile nebeneinander, manchmal sogar in einem einzigen Panel. So konnte er selbst psychische oder emotionale Zustände aufs Papier bringen.
Sehr eindrücklich setzte Tezuka seine ganze Kunst in Kirihito um. In der Graphic Novel erforschen ehrgeizige Ärzte eine rätselhafte Krankheit, in der Menschen zu Hunden werden, bevor sie meistens jämmerlich sterben. Der Titelheld und Arzt Kirihito wird von seinem Chefarzt in einen von der Krankheit verseuchten Ort geschickt, um die Krankheit dort angeblich zu erforschen. Tatsächlich will der Chefarzt den aufstrebenden Arzt als gefährlichen Konkurrenten unauffällig aus dem Weg räumen. Die Rechnung geht auf und Kirihito steckt sich schon nach kurzer Zeit an der Hundekrankheit an.
Die furchtbaren Kopfschmerzen, die ihn anfangs bei seiner Verwandlung zum Hund quälen, bebildert Tezuka nun in einer Sequenz mit 32 Panels. Dabei ändert er nicht nur die Formate der einzelnen Panels von zwei seitenfüllenden Bildern auf 24 kleinen Bildern und wieder auf 6 mittelgroßen Bilder. Sondern er löst die realistischen Zeichnungen auch plötzlich auf, durchbricht sie mit einer metaphernhaften Darstellung von unzähligen Männchen in seinen Gehirnwindungen, springt mit 24 Bildern wieder zur realistischen Außenperspektive des erkrankten, verzweifelten Mannes, um dann in drei stilisierten, symbolischen Bildern, die die Qual in Kirihitos Augen und in seinem Körper zeigen, das Thema schließlich abzuschließen.

Osamu Tezukas schier überwältigender Schatz an Ideen, Geschichten, Charakteren und Zeichenstilen macht deutlich, warum die Menschen in seinem Heimatland ihm den überschwänglichen Titel „manga no kamisama“, also „Gott des Manga“ verliehen haben.

Auszeichnungen (Auswahl)

1958 Shōgakukan-Manga-Preis für Beeko-chan und Manga Seminar on Biology
1966 Children's Welfare and Cultural Award für Kimba, der weiße Löwe
1975 Bungei-Shunjū-Manga-Preis für Buddha und Dōbutsu tsuredzure kusa
1977 Kōdansha-Manga-Preis für Mittsume ga Tooru und Black Jack
1986 Kōdansha-Manga-Preis für Adolf
1987 Asahi-Preis für seine kreativen Leistungen im Bereich Manga und Anime in der Nachkriegszeit
2004 und 2005 Eisner Award (Best U.S. Edition of Foreign Material) für Buddha
2006 Max-und-Moritz-Preis-Nominierung für Adolf

Titelauswahl

Astro Boy - 21 Bände (Originaltitel: Tetsuwan Atomu) / Tezuka, Osamu (Text); Tezuka, Osamu (Illu.) - Carlsen Verlag (Kobunsha) 2000 (1952-1962). Buchvorstellungen: ()
Kimba, der weisse Löwe - 3 Bände (Originaltitel: Janguru Taitei) / Tezuka, Osamu (Text); Tezuka, Osamu (Illu.) - Carlsen Verlag (Hobunsha) 2001 (1950–1954). Buchvorstellungen: ()
Adolf - 5 Bände (Originaltitel: Adorufu ni Tsugu) / Tezuka, Osamu (Text); Tezuka, Osamu (Illu.) - Carlsen Verlag (Bungei Shunj?) 2005 (1983). Buchvorstellungen: ()
Kirihito - 3 Bände (Originaltitel: Kirihito Sanka) / Tezuka, Osamu (Text); Tezuka, Osamu (Illu.) - Carlsen Verlag (Big Comic) 2009 (1970-1971). Buchvorstellungen: ()
Barbara - 2 Bände (Originaltitel: Barbara) / Tezuka, Osamu (Text); Tezuka, Osamu (Illu.) - Schreiber & Leser 2010 (1973). Buchvorstellungen: ()

http://tezukaosamu.net/
http://www.helles-koepfchen.de/artikel/419.html
http://www.de.emb-japan.go.jp/naj/NaJ0902/manga.htm
http://www.de.emb-japan.go.jp/naj/NaJ0906/anime.html