Lisl Stich

* 1913 in Volkach/Bayern
† 2000 in Neustadt an der Aisch/Bayern


Leben


Lisl Stich © privat

Lisl Stich hieß mit vollständigem Namen Elisabeth, aber sie wurde von allen immer nur Lisl genannt. Diese Kurzform nutzte sie später auch als Künstlernamen für ihre Arbeit.
Lisl Stichs Vater war Finanzbeamter, ihre Mutter war Hausfrau. Die Kindheit und Jugend verbrachte Lisl Stich in Bayern. Sie wuchs mit drei Geschwistern in Volkach auf und besuchte dort die Mädchenrealschule. Danach studierte sie von 1930-1937 Grafik an der Staatsschule für angewandte Kunst in Nürnberg (heute Akademie der bildenden Künste) und erhielt im Anschluss ein Arbeitsstipendium der Deutschen Albrecht-Dürer-Stiftung. Dank dieser finanziellen Unterstützung konnte sie in Berlin zwei Jahre lang eine Zeichenklasse an den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst (heute UdK) besuchen.
In den Kriegsjahren arbeitete sie als freischaffende Künstlerin. Sie zeichnete vor allem Szenen vom Leben der verschiedenen Orte, in denen sie wohnte, sogenannte Milieustudien, und Karikaturen für Zeitungen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte sie bei ihren Eltern erst in Schwandorf und dann wieder in Volkach. In dieser Zeit lernte sie den Autor James Krüss kennen, mit dem sie lange Zeit eng zusammen arbeitete. So begann Lisl Stich in der Nachkriegszeit, die ersten Kinder- und Jugendbücher zu illustrieren.
Ab 1958 lebte sie mit ihrem Mann in Mannheim und danach in Treuchtlingen. Durch eine chronische Erkrankung des Gehirns konnte Lisl Stich seit 1994 nicht mehr arbeiten. 2000 starb sie an den Folgen dieser Krankheit.


Entwurfszeichnung zu dem Buch Henriette Bimmelbahn“ von Lisl Stich
freundlicherweise vom Stadtarchiv Volkach zur Verfügung gestellt

Werk und Bedeutung

Lisl Stich wurde in der Nachkriegszeit vor allem als Illustratorin von Bilderbüchern bekannt. Sie illustrierte aber auch Gedichtbände und Sachbücher für Kinder und Jugendliche, Bücher für Erwachsene und zeichnete Karikaturen für Zeitschriften.
Wenn ein Kind in den 1950er und -60er Jahren ein Buch mit Zeichnungen von Lisl Stich anschaute, dann fand es darin fast immer Geschichten oder Reime von James Krüss. Die Illustratorin und der Autor waren damals ein sehr erfolgreiches Team. Lisl Stich verstand es ausgezeichnet, seine heiteren Reime in genauso fröhliche und schwungvolle Bilder umzusetzen wie in Henriette Bimmelbahn, Ich wär so gerne Zoodirektor oder Hendrikje mit den Schärpen.
Aus ihren farbenfrohen Zeichnungen sprudelt die Lebensfreude der Kinder und manchmal scheinen die Bilder vor vieler kleiner Aktionen und Details überzuquellen.
Weil sie den Inhalt sehr verdichtet darstellt, kann man Lisl Stichs Illustrationen auch ohne den Text verstehen.
Am bekanntesten sind wahrscheinlich die Bilderbücher von Henriette Bimmelbahn und ihren Freunden, Der kleine Doppeldecker, Die ganz besonders nette Straßenbahn und Der blaue Autobus, die auch heute noch veröffentlicht werden. In diesen Büchern tragen ein alter Zug, ein Bus, eine Straßenbahn und ein Doppeldecker sehr menschliche Züge: sie haben Gesichter und denken und handeln selbständig wie Menschen. Sie führen ein Eigenleben, das den Kindern viel Spaß macht und für die in den Büchern vorkommenden Erwachsenen, komischerweise ganz normal zu sein scheint. Durch die Vermenschlichung solcher technischen Dinge unterstreicht Stich deren Besonderheit und Einmaligkeit.
Die Kleinstadtwelt ist in diesen Büchern immer idyllisch und heil und spiegelt nicht unbedingt die Wirklichkeit wieder, wie sie tatsächlich ist, sondern wie sie sich Kinder erträumen. Darum sieht diese Welt oft aus wie eine Spielzeuglandschaft.
Lisl Stich hat ihre Illustrationen oft in leuchtenden Aquarell- und Wasserfarben gemalt. Sie benutzte aber auch Feder und schwarze Tusche, um Umrisse und kleine Details zu zeichnen. Teilweise hat sie die Figuren oder Dinge auch nur als Umriss stehen lassen und nicht mit Farbe gefüllt. Dadurch entsteht ein überraschender Kontrast zu dem kunterbunten Farbenspiel.
Nach ihrer intensiven Arbeit mit James Krüss illustrierte Stich ab den 1970er Jahren auch Bücher mit religiösen Themen wie Noah und die neue Sintflut oder Die großen Taten Gottes.
Lisl Stichs Karikaturen während der Zeit des Nationalsozialismus' waren dagegen eher politisch und regimekritisch. Eine große Sammlung von Zeitungsausschnitten und Rezensionen aus der Nachkriegszeit zeigen, dass Stichs Kinderbuchillustrationen und Karikaturen sehr modern für die damalige Zeit waren. Im Gegensatz zum perfekten Zeichenstil des Nationalsozialismus' kombinierte sie den schnellen und feinen Strich der Feder mit Farbflächen aus fließend ineinander übergehenden Aquarellfarben gewollt unperfekt und skizzenhaft.
Dass die meisten von Lisl Stichs Bilderbuchzeichnungen schon über 50 Jahre alt
sind, sieht man ihnen heute jedoch an, weil Fahrzeuge oder auch die Kleidung der Figuren darin etwas altmodisch wirken. Aber durch ihren fröhlichen, quirligen Charakter macht es immer noch Spaß, die bunte Kinderwelt ihrer Illustrationen anzuschauen.


Illustration aus dem Buch Henriette Bimmelbahn“ von Lisl Stich
freundlicherweise vom Boje Verlag zur Verfügung gestellt

Auszeichnungen (Auswahl)

1937 Dürer-Preis der Deutschen Albrecht-Dürer-Stiftung

Titelauswahl

Tod und Teufel. - Lustige Bauerngeschichten / Henthaler, Ernest (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Stephenson 1941. Buchvorstellungen: ()
Bauer, bind' den Pudel an! - Volkskinderreime / Stich, Lisl (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Franz Schneider 1943. Buchvorstellungen: ()
Diwan aus Al-Andalus / Jahn, Janheinz (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Schleber Verlag 1949. Buchvorstellungen: ()
Ulla macht das Rennen / Herder, Edeltraut (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Bayerische Verlagsanstalt 1956. Buchvorstellungen: ()
Henriette Bimmelbahn / Krüss, James (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Der Kinderbuchverlag 1957. Buchvorstellungen: ()
Birgit erobert Möwenort / Koops, Liselotte (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Bayerische Verlagsanstalt 1957. Buchvorstellungen: ()
Der blaue Autobus / Krüss, James (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Der Kinderbuchverlag 1958. Buchvorstellungen: ()
Der kleine Doppeldecker / Krüss, James (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Boje-Verlag 1959. Buchvorstellungen: ()
Eine lustige Froschreise / Krüss, James (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Boje-Verlag 1960. Buchvorstellungen: ()
Ululus Nachtspaziergang / Reinke, Wilhelm (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Boje-Verlag 1961. Buchvorstellungen: ()
Abdullah und die Datteldiebe / Krüss, James (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Boje-Verlag 1962. Buchvorstellungen: ()
Michael, der kleine Mann / Süssmann, Christel (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Boje-Verlag 1963. Buchvorstellungen: ()
Hendrikje mit den Schärpen / Krüss, James (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Boje-Verlag 1964. Buchvorstellungen: ()
Die ganz besonders nette Strassenbahn / Krüss, James (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Boje-Verlag 1965. Buchvorstellungen: ()
Der Dreckspatz und das Plappergänschen / Krüss, James (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Boje-Verlag 1967. Buchvorstellungen: ()
Wenn die Lok auf Reisen geht / Süssmann, Christel (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Boje-Verlag 1967. Buchvorstellungen: ()
Ich wär' so gerne Zoodirektor / Krüss, James (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Boje-Verlag 1969. Buchvorstellungen: ()
Noah und die neue Sintflut / Illies, Joachim (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Verlag Weisses Kreuz 1980. Buchvorstellungen: ()
Die grossen Taten Gottes / Stich, Lisl (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Born-Verlag 1982. Buchvorstellungen: ()
Wenn du grösser wirst - … vom Unterschied, ein Junge oder ein Mädchen zu sein / Ortner, Reinhold (Text); Stich, Lisl (Illu.) - Verlag Weisses Kreuz 1984. Buchvorstellungen: ()

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