Egbert Herfurth

* 05.04 1944 in Wiese (Polen)


Leben

Egbert Herfurth wurde 1944 in Wiese in Oberschlesien, dem heutigen Polen, geboren. Seine Mutter war Hausfrau und sein Vater Gutsinspektor in Schlesien. Egberth Herfurth kam erst über Umwege zur Buchkunst. Nach der Schule machte Herfurth 1960-1962 eine Lehre als Offset-Retuscheur. Das ist ein Beruf im Bereich des Buchdrucks, den es heute nicht mehr gibt. Bevor ein Buch gedruckt wird, wird auf den Druckvorlagen geschaut, ob alles richtig aussieht. Damals korrgierte der Retuscheur kleine Fehler durch sorgsame Handarbeit. Heute wird dafür der Computer verwendet.
Nach der Ausbildung arbeitete Herfurth als Wertpapiertechniker in Leipzig.
Neben der Arbeit besuchte er abends Zeichen- und Schriftkurse. Von 1964-1969 studierte er an der Hochschule für Graphik und Buchkunst in Leipzig. Sein Professor war Wolfgang Mattheuer, einer der bekanntesten Maler der ehemaligen DDR.

Von 1972-1974 war Herfurth Assistent an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. 1974 kehrte er für ein Meisterschülerstudium (vergleichbar mit dem Doktorgrad) bei Albert Kapr, einem der bekanntesten Schriftkünstler der Nachkriegszeit, an die Leipziger Hochschule zurück. Als Diplomarbeit illustrierte Herfurth Erich Kästner. Nach seinem Abschluss erhielt er erste Aufträge. Er durfte Gedichte der bekannten Schriftstellerin Sarah Kirsch illustrieren.

Seit 1977 arbeitet er als freier Grafiker und Illustrator in Leipzig.  Bis heute illustrierte er etwa 200 Bücher. 25 seiner Werke wurden als Schönstes Buch des Jahres ausgezeichnet. Er nahm an 300 Ausstellungen in 20 Ländern teil. Neben Büchern für Kinder und Erwachsene und zahlreichen Buchumschlägen illustrierte Herfurth auch Werbeplakate. Zum Beispiel für Theater und Zirkusveranstaltungen. Aber auch für die Glühlampenfirma Narva.

Werk und Stil

Egbert Herfurth gehörte zu den beliebtesten Illustratoren der DDR (Deutsche Demokratische Republik). Mit den Büchern Die dampfenden Hälse der Pferde im Turm zu Babel zu einem Text von Franz Rühmann, und Das große Benimm-Buch zu einem Text von Hannes Hüttner hat er zwei Kinderbuchklassiker geschaffen, die auch heute noch gekauft und gelesen werden.

Egberth Herfurth hat einen unverkennbaren Zeichenstil, der stark von der Druckgraphik beeinflusst ist. Während seines Studiums machte er viele Holzschnitte und Holzstiche. Diese Techniken werden auch Hochdruck genannt. Beim Hochdruck zeichnet der Künstler das Motiv spiegelverkehrt auf eine Holzplatte. Mit einem sehr scharfen Schneidemesser werden die Teile des Bildes, die nicht drucken sollen, entfernt. Die erhabenen Teile werden mit der dickflüssigen Druckfarbe eingefärbt. Dann wird die eingefärbte Platte mithilfe einer Presse auf Papier gedruckt. Drucktechniken wie Holzschnitt oder Holzstich sind für die Buchillustration sehr zeitaufwändig. Darum führte Herfurth für Aufträge Illustrationen mit Feder und Tusche aus. Doch auch in dieser Technik gelang es Egberth Herfurth seinen Illustrationen typische Merkmale des Holzstichs zu verleihen. Die Umrisse seiner Figuren sind mit einer durchgehend kräftigen schwarzen Linie gezeichnet. Wie beim Stich verwendet er auch bei seinen Federzeichnungen Schraffuren und Schattenstriche um eine plastischere Wirkung zu erzielen.


Ausschnitt aus dem Buch „Die dampfenden Hälse der Pferde im Turm von Babel - Ein Sprachspielbuch für Kinder” von Franz Fühmann und Egbert Herfurth, © Hinstorff Verlag

In diesem Stil illustrierte Herfurth 1978 sein erstes Kinderbuch Die dampfenden Hälse der Pferde im Turm zu Babel. Das Buch ist ein Sprachspielbuch für Kinder. Es enthält viele Experimente, Rätsel, Spiele und interessante Geschichten rund um das Thema Sprache.
Herfurths schwarze Tuschzeichnungen mit ockergelben Flächen findet man auf fast jeder Seite des Buches. Mal sind es kleine Vignetten wie die Wassertropfen, die auf den Text der ersten Seite heruntertropfen. Mal sind es ganze Seiten füllende Bilder.
Herfurths Illustrationen ergänzen den Text auf heitere und tiefgründige Weise. Ineinander verschlungene Buchstaben, Buchstabenwälder und armdrückende H´s findet man im Buch. Sowie großartige Erfindungen wie ein Parfüm namens „Menschol“, ein „Zehenbär“, ein Haus auf Krücken oder eine Uhr, deren Ziffernblatt aus Buchstaben statt aus Zahlen besteht.
Mehr als 200 Zeichnungen hat Egbert Herfurth für das Buch angefertigt. Auf jeder Seite passen Bild und Text wunderbar zusammen und ergänzen sich spielerisch. Der Zehenbär balanciert beispielsweise auf seinem Zeh das Wort „Zehenbär“. Oder eine ganze Seite Text gerät in Schieflage, als eine schwere Eisenkugel dagegen donnert.
Dass der Text so gut zu den Bildern passt, dafür sorgte einer der besten Typografen Deutschlands: Walter Schiller. Typografen sind Buchkünstler, die die Texte in Büchern gestalten.
Obwohl das Buch 1978 erschien und damit heute relativ alt ist, wirkt es noch sehr modern. Es erschien im Jahr 2005 in einer Neuauflage.


Ausschnitt aus dem Buch „Das große Benimm-Buch” von Hannes Hüttner und Egbert Herfurth, © Faber & Faber/Ostseezeitung

Ein weiteres sehr beliebtes Kinderbuch war Das große Benimm-Buch von Hannes Hüttner mit zahlreichen humorvollen Illustrationen von Herfurth. Zuerst erschien das Buch 1984, aber es wird bis heute immer wieder aufgelegt. Das Buch ist ein witziges „Anti-Benimmbuch“ für Kinder. Hier sind nicht Menschen, sondern vermenschlichte Tiere die Hauptpersonen. Unter den Bildern steht je eine Benimmregel.
Eine Regel lautet: „Das Essen soll ohne Hast eingenommen werden“.
Auf dem Bild dazu sieht man zwei Esser, die sich sich soviel Zeit beim Essen nehmen, dass sie mit dem Kloß auf der Gabel einschlafen.
Eine andere Regel „Spielend lernt man in den Ferien neue Dinge“ bebildert Herfurth so, dass er zwei Ausreißerinnen zeigt, die sich mithilfe eines Bettlakens an der Häusermauer abseilen. An der Mauer steht ein Schild „Heute Disco“.
Und wieder eine andere Regel „Man setzt sich stets mit gewaschenen Händen an den Tisch“ wird von Herfurth bildlich so dargestellt, dass man einen durch und durch verschmutzten Junge mit Hundeohren sieht, der aber seine blitzsauberen Hände nach vorn hält.
Die Benimmregeln werden von Autor und Illustrator also wörtlich genommen, gleichzeitig aber auf fantasievolle und witzige Weise im Bild überzeichnet und dadurch uminterpretiert.


Buchcover
Soll ich dir die Gegend zeigen”
von Egbert Herfurth

Sehr vergnügliche und absurde Bilder zeigt das Pappbilderbuch Soll ich dir die Gegend zeigen mit Versen von Johann Wolfgang von Goethe. Auf jeder der sechs Doppelseiten stellt Herfurth einen Vers dar.
Zu dem Vers „Lief' das Brot, wie die Hasen laufen/Es kostete viel Schweiß, es zu kaufen“, der im Bild oben rechts auf einem Bäckersschild zu lesen ist, zeichnet Herfurth ein riesiges Brot, das mit Hasenohren aus Eclairs und Beinen, die aus Brötchen bestehen, davonrennt. Im Sprung lässt es noch ein paar Hasenköttel ab, die wie Kanonenkugeln in Richtung der Verfolger gezielt werden. Weiterhin gibt es im Buch Eulen mit Taucherbrille, boxende Mäuse und riesige knallgrüne Frösche mit Säbelzahntiger-Zähnen zu sehen.
Auf eine Besonderheit dieses Buchs ist noch hinzuweisen. Das Titelbild ist bereits auch schon Teil einer Vers-Doppelseite. Abgebildet sind zwei Katzen, eine weiblich (mit roter Schleife, Umhang und Ohrring) und eine männliche (mit Zylinder und Fliege). Der Kater flüstert der Katze ins Ohr „Soll ich dir die Gegend zeigen,“ Auf dem Buchrücken steht „Musst du erst das Dach besteigen“. Das Bild zeigt das Katzenpärchen von hinten. Es sitzt auf einem Dach und hält sich zärtlich in den Armen, während es auf den Mond blickt.

Auszeichnungen (Auswahl)

1983 Kunstpreis der Stadt Leipzig
1982 Bronzemedaille der iba Leipzig
1990 Hans-Baltzer Preis
1995 Hans-Meid Preis
2002 Pawel-Steller-Medaille Polen

Titelauswahl

Die ungeheuren bergehohen Wellen auf See / Kirsch, Sarah (Text); Herfurth, Egbert (Illu.) - Eulenspiegel 1973. Buchvorstellungen: ()
Epigramme / Lessing, Gotthold Ephraim (Text); Herfurth, Egbert (Illu.) - Insel 1976. Buchvorstellungen: ()
Die dampfenden Hälse der Pferde im Turm von Babel / Fühmann, Franz (Text); Herfurth, Egbert (Illu.) - Kinderbuchverlag 1978. Buchvorstellungen: ()
Der Prinz mit den schwarzen Füßen / Rodrian, Fred (Text); Herfurth, Egbert (Illu.) - Der Kinderbuchverlag 1979. Buchvorstellungen: ()
Wie Janek eine Geschichte holen ging / Kant, Uwe (Text); Herfurth, Egbert (Illu.) - Kinderbuchverlag 1980. Buchvorstellungen: ()
Die Betörung des Excentrique Fanoche / Serner, Walter (Text); Herfurth, Egbert (Illu.) - Eulenspiegel 1984. Buchvorstellungen: ()
Das große Benimm-Buch / Hüttner, Hannes (Text); Herfurth, Egbert (Illu.) - Junge Welt 1984. Buchvorstellungen: ()
Soll ich dir die Gegend zeigen / Goethe, Johann Wolfgang von (Text); Herfurth, Egbert (Illu.) - Postreiter 1986. Buchvorstellungen: ()
Das große Gesundbleibe-Buch / Hüttner, Hannes (Text); Herfurth, Egbert (Illu.) - Junge Welt 1989. Buchvorstellungen: ()
Von A bis Z / Fühmann, Franz (Text); Herfurth, Egbert (Illu.) - Kinderbuchverlag Berlin 1992. Buchvorstellungen: ()
Der Himmel ist heut blau - Kindergedichte / Rathenow, Lutz (Text); Herfurth, Egbert (Illu.) - Kinderbuch Verlag Berlin 2000. Buchvorstellungen: ()
Doddlmoddl / Schnurre, Wolfdietrich (Text); Herfurth, Egbert (Illu.) - Aufbau 2003. Buchvorstellungen: ()
Der Eisbär aus Apolda / Rathenow, Lutz (Text); Herfurth, Egbert (Illu.) - Leiv 2006. Buchvorstellungen: ()

http://www.rossipotti.de/ausgabe12/11uhr_termin.html#rathenow
http://www.grafikbrief.de/kuenstler/kuenstler.php4?num=70